Auch wegen Mikroplastik: Wasserwirtschaft will neue Abgabe für Landwirte und Chemiefirmen

In der Landwirtschaft wird viel Wasser verbraucht – nicht immer ist das gut für das Trinkwasser.

In der Landwirtschaft wird viel Wasser verbraucht – nicht immer ist das gut für das Trinkwasser.

Die Wasserwirtschaft fordert von der nächsten Bundesregierung strengere Vorgaben für die Landwirtschaft, die Industrie und den Städtebau, um die Trinkwasserversorgung langfristig zu sichern. „Klar ist, so wie es jetzt läuft, können wir nicht weitermachen, denn es gibt immer mehr belastende Stoffe fürs Grundwasser“, sagte Martin Weyand dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Er ist der Hauptgeschäftsführer Wasser/Abwasser beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). „Wir müssen ein umfassendes Verursacherprinzip einführen, das bedeutet einen Paradigmenwechsel“, fügte er hinzu.

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Deutschland verfügt über große Wasserreservoire. Nur ein Bruchteil der theoretisch verfügbaren Menge wird benötigt. Allerdings sind die Speicher ungleich verteilt. So ist Grundwasser aufgrund geologischer und geografischer Gegebenheiten etwa auf der Schwäbischen Alb, in der Rhein-Neckar-Region oder im Raum Leipzig/Halle rar. Solche Gegenden müssen mit einem System von Fernwasserleitungen versorgt werden. In den vergangenen Jahren hat der Klimawandel dem Grundwasser vielerorts zugesetzt. Wegen langer Hitzeperioden und geringer Niederschläge sind die Wasserstände in den unterirdischen Seen und Flüssen teilweise deutlich gesunken. Das erschwert die Gewinnung von Trinkwasser.

Neue Talsperren und Wasserschutzgebiete nötig

„Wir brauchen einen integrierten Ansatz für die Wasserwirtschaft“, sagte Weyand. Dazu könne auch der Bau zusätzlicher Talsperren, die Ausweisung neuer Wasserschutzgebiete oder die Errichtung von weiteren Fernleitungen gehören, um die Versorgung sicherer zu machen. Und ihm ist wichtig festzuschreiben, dass die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung Vorrang hat vor anderen Nutzungen beispielsweise durch Landwirtschaft und Industrie. Von der nächsten Bundesregierung fordert er, eine Gesamtstrategie zu entwickeln, für deren Umsetzung Geld bereitzustellen und dafür sorgen, dass Investitionen in beschleunigten Verfahren umgesetzt werden.

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Der Verband kommt mit seinem Konzept Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) zuvor, die Anfang Juni, ihre nationale Wasserstrategie vorstellen will.

Neue Abgabe nach dem Verursacherprinzip gefordert

Die verbindliche Einführung eines Verursacherprinzips ist für den BDEW ein Kernpunkt. Sie soll auch dazu dienen, Verbraucher vor steigenden Wasserpreisen zu schützen. „Die Herstellerverantwortung muss gesetzlich verankert werden und auch finanzielle Konsequenzen haben“, so Weyand. Konkret: Unternehmen, die Mikroplastik in Kosmetika, Antibiotika für die Tiermast, Pestizide, Arzneimittel und andere fürs Grundwasser schädliche Stoffe in Umlauf bringen, zahlen dafür eine neue Abgabe – vergleichbar mit den Zertifikaten für CO₂-Emissionen. Die Bepreisung soll sich an der Menge und der Schädlichkeit der Stoffe orientieren, die in den Wasserkreislauf gelangen.

Der BDEW hofft, damit einerseits einen Anreiz zur Vermeidung von Belastungen fürs kostbaren Nass zu erreichen: Man müsse an der Quelle ansetzen, es gelte schon bei der Entwicklung neuer Stoffe und Produkte die Gewässerverträglichkeit mitzudenken, so Weyand. Zugleich schlägt der Verband einen Fonds vor, in den die Einnahmen aus der Abgabe fließen. Mit dem Geld könnten dann Projekte zur Reinigung von Abwasser gefördert werden. Das alles will der BDEW bundesweit per Gesetz festgeklopft wissen.

Scharfe Kritik an Düngeverordnung

Die Landwirtschaft soll ökologischer und gewässerfreundlicher werden. Es geht dabei nicht nur um die Förderung effizienterer Methoden zur Bewässerung von Feldern. Insbesondere Nitratbelastungen durch Gülle in den Regionen mit großen Mastbetrieben bereiten der Wasserwirtschaft enorme Sorgen. Die geplante Novellierung der Düngeverordnung reiche nicht aus, betont Weyand. Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs würden nur ungenügend umgesetzt. Es gebe einen Anspruch auf die Einhaltung des Grenzwertes von maximal 50 Milligramm Nitrat pro Liter im Grundwasser. Dies werde aber durch die Verordnung nicht gewährleistet. Die Deutsche Umwelthilfe hat bereits Klage gegen die Pläne eingereicht.

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Die Versorger gewährleisten indes zwar, dass die Nitratgrenzwerte fürs Trinkwasser überall eingehalten werden. Aber: In einigen Regionen muss dafür Wasser von mehreren Brunnen vermischt und aufwendig aufbereitet werden. Wenn künftig zusätzliche teure Anlagen erforderlich wären, könnte dies Preissteigerungen für die betroffenen Bürger von bis zu 60 Prozent bedeuten, erläutert Weyand. Komme dann noch der Klimawandel hinzu, würden überdies die sauberen Quellen, auf die man zurückgreifen könne, weniger.

Auch die Städte müssen sich verändern

Neue Wege fordert der Dachverband auch beim Städtebau. „Beim Umgang mit Fläche kann es nicht so weitergehen wie bisher“, sagt der Hauptgeschäftsführer. Die Losung müsse sein, das Verdichten zu fördern – anstelle der Ausweisung neuer Flächen. Wenn aber die Inanspruchnahme neuer Flächen jährlich weiter um 56 Hektar – das entspricht 79 Fußballfeldern – steige, dann müsse in jedem Fall sichergestellt werden, dass das Wasser an Ort und Stelle versickern kann, um Grundwasserbildung vor Ort zu ermöglichen. Ferner seien Dach- und Fassadenbegrünungen im Bestand wichtig. Zudem soll Regenwasser in den Quartieren gesammelt und dort eingesetzt werden. Experten sprechen von der Schwammstadt. Wie das konkret umgesetzt wird, kann mittels sogenannter Regenwasseragenturen organisiert werden, deren Förderung der BDEW fordert.

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