Verschwundener Milliardär

Alibaba-Gründer Jack Ma: Chinas bekanntester Unternehmer ist zurück

Alibaba-Gründer Jack Ma ist zurück in China.

Alibaba-Gründer Jack Ma ist zurück in China.

Peking. Er tauchte auf, als sei nichts gewesen: Jack Ma, der wohl berühmteste Unternehmer Chinas, besuchte am Montag eine Schule in seiner Heimatstadt Hangzhou. Demonstrativ relaxt ließ sich der 58-Jährige – in legerem Sweatshirt ganz in weiß gekleidet – auf der sonnigen Dachterrasse der Yungu-Schule fotografieren. „Wir müssen künstliche Intelligenz verwenden, um Probleme zu lösen, anstatt von der Technologie kontrolliert zu werden“, sagte Ma in einer Diskussion mit den Lehrern. wie es in einer Mitteilung hieß.

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Weltweit sorgte der PR-Auftritt für Schlagzeilen: Denn erstmals nach über einem Jahr im Ausland hat der Gründer des Internetriesen Alibaba wieder chinesischen Boden betreten. Zuvor wurde sein neuer Wohnsitz bereits in Japan vermutet, wo er den Großteil des Vorjahres verbracht haben soll. Ebenfalls reiste Jack Ma zuletzt nach Australien und Singapur. Bis Montag war nicht nur unklar, wann der einst reichste Chinese wieder in seine Heimat kommen würde, sondern ob er es überhaupt jemals tun werde. Möglicherweise, so hieß es in Gerüchten, sei er im Reich der Mitte nicht mehr sicher.

Solche Spekulationen sind keineswegs aus der Luft gegriffen, sondern beruhen auf einem zutiefst paranoiden Gesellschaftsklima: Der Sicherheitsapparat der kommunistischen Partei lässt regelmäßig Personen des öffentlichen Lebens spurlos verschwinden, darunter auch Unternehmensvorstände.

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Zuletzt traf es mit Bao Fan einem der erfolgreichsten Techinvestoren des Landes. Mitte Februar konnte der 53-Jährige plötzlich selbst von engsten Kollegen nicht mehr kontaktiert werden, seine eigene Firma „China Renaissance Holding“ behalf sich mit einer vage formulierten Notfallmitteilung an die Börsenaufsicht. Mittlerweile ist bestätigt: Bao Fan solle den Behörden „bei Ermittlungen behilflich sein“ – ob als Angeklagter oder Beschuldigter, ist nicht bekannt.

Auf nach China: Rossmann wird in dem Land auch im stationären Handel vertreten sein – allerdings nicht mit eigenen Märkten.

Drogeriekette Rossmann verkauft Eigenmarken bald in China

Die deutsche Drogeriekette Rossmann will „weltweit bekannt und erfolgreich“ sein. Künftig sollen die Eigenmarken im stationären Handel in China verfügbar sein.

Wer die Rhetorik Xi Jinpings verfolgt, den sollten solch mafiöse Methoden nicht verwundern. Chinas Staatschef propagiert ganz offen, dass er Rechtsstaatlichkeit ablehnt und für ein Fehlkonstrukt des politischen Westens hält. Die Parteiführung steht stets über dem Gesetz – und natürlich auch über der Wirtschaft.

Die fehlende Sicherheit und Transparenz bremst das Wirtschaftswachstum des Landes massiv ab, doch Xi Jinping nimmt dies im Gegenzug für totalitäre Kontrolle wohlwissend in Kauf. All dies führt auch dazu, dass etliche Topmanager händeringend um internationale Pässe buhlen und jährlich Unsummen ihres Besitzes an den strengen Kapitalverkehrskontrollen vorbei ins Ausland schleusen.

Von allen Machtkämpfen war bislang keine Causa spektakulärer als die von Jack Ma. Sein Niedergang reicht zurück bis ins Jahr 2020, als der ehemalige Englischlehrer es wagte, in einer öffentlichen Rede die „Pfandhausmentalität“ der staatlichen Banken zu kritisieren, während die erste Riege der Finanzaufsicht live im Publikum saß.

Kritische Rede mit Folgen

Was folgte, war eine politische Machtdemonstration sondergleichen: Der geplante Börsengang von „Ant Financial“, einem Tochterunternehmen von Alibaba, wurde noch auf der Zielgeraden gestoppt. Eine Untersuchung gegen Alibaba wurde kurzerhand eingeleitet und führte zu einer Rekordstrafe von 2,8 Milliarden Dollar für den Konzern. Seit Jack Mas infamer Rede bis heute haben die Aktienkurse des Unternehmens über zwei Drittel an Wert verloren.

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Doch die Aufsichtsbehörden weiteten ihr Visier aus: Die gesamte Techbranche wurde in den nächsten Monaten nach und nach mit dem Schlaghammer reguliert, was zu Massenentlassungen und Milliardenverlusten an den Aktienmärkten führte. In seinen Zielsetzungen mag sich Peking nur graduell von den Politikern in Brüssel unterscheiden, doch die Vorgehensweise war geradezu gegensätzlich: Chinas Behörden handelten vollkommen erratisch und intransparent, was das Grundvertrauen der Unternehmer stark beschädigte. Eine gewisse Einschüchterung war dabei gewollt: Denn es ging der Regierung nicht nur um Regulierung, sondern auch um politische Kontrolle. Niemand solle es wagen, die Parteiführung in ihrem Tun öffentlich zu hinterfragen.

Die vielleicht besorgniserregendste Entwicklung: Peking begann erneut, sich durch sogenannte „golden shares“ in führende Privatunternehmen einzunisten. Dabei handelt es sich um Minderheitsbeteiligungen mit Sonderrechten, die dem Staat erlauben, in Grundsatzfragen Kontrolle auszuüben. Zuletzt hat die Regierung dies im Januar auch bei zwei Untereinheiten von Alibaba getan. Eine gewisse Einschüchterung durch den Staat war mit Sicherheit gewollt. Niemand sollte auf die Idee kommen, die kommunistische Partei in ihrer Legitimität herauszufordern.

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Wie viele führende CEOs verschwand auch der exzentrische Jack Ma über Nacht aus der Öffentlichkeit. Warum er fortan nicht mehr auf den sozialen Medien postete oder wie früher regelmäßig in TV-Formaten auftrat, hat weder er selbst noch sein Unternehmen je erklärt.

Nun jedoch, nach zweieinhalb „Null Covid“-Jahren voller Lockdowns und internationaler Isolation, ist die Regierung darum bemüht, das angeschlagene Vertrauen zur Privatwirtschaft wieder zu kitten. Das zeigt sich unter anderem daran, dass die Regulierungswelle aufgehört hat und die Finanzaufsichtsbehörden wieder etwas lockerer agieren.

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Und der neue Premierminister Li Qiang hat in seiner ersten Pressekonferenz während des Nationalen Volkskongresses mit aller rhetorischen Finesse deutlich gemacht, dass China wieder bereit fürs Geschäftemachen sei. Ob internationale Investoren dies ebenfalls glauben, wird sich erst noch zeigen müssen.

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