Chinas Neujahrsfest erneut auf der Kippe – die Angst vor den wirtschaftlichen Folgen ist groß

Besucher mit Mund-Nasen-Schutz gehen an Laternen vorbei, die in der Qianmen-Straße, einem beliebten Touristenziel in Peking, China ausgestellt sind.

Besucher mit Mund-Nasen-Schutz gehen an Laternen vorbei, die in der Qianmen-Straße, einem beliebten Touristenziel in Peking, China ausgestellt sind.

Peking. Die 30-jährige Cao Xin ist hin- und hergerissen. Nach den derzeitigen Corona-Regeln darf die Büroangestellte aus Peking ihre Eltern in der südchinesischen Provinz Guangdong besuchen. Doch soll sie es wirklich riskieren? „Die Regeln können sich jederzeit ändern, deswegen habe ich mein Flugticket noch nicht gebucht“, sagt Cao. Die junge Chinesin ist sich der Gefahr bewusst: Wenn in ihrer Nachbarschaft ein paar Infektionsfälle auftauchen sollten, würde wohl sofort eine zweiwöchige Isolation fällig.

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Auch im dritten Jahr der Pandemie schwebt über dem traditionellen Neujahrsfest nach dem Mondkalender das Damoklesschwert der Quarantäne. Dabei sind die Feiertage für die Chinesen das wichtigste Familientreffen im gesamten Kalenderjahr: Man kommt zusammen, isst gemeinsam und begrüßt das neue Jahr.

Auch wirtschaftlich ist die 40-tägige Reisesaison, die viele Medien als „größte menschliche Migration der Welt“ bezeichnen, ein wichtiger Indikator für den Binnenkonsum. Vor der Pandemie haben die Behörden rund um Neujahr knapp drei Milliarden Trips registriert. Dieses Jahr sollen es laut dem Transportministerium immerhin knapp 1,2 Milliarden werden, was im Vergleich zu 2021 eine deutliche Steigerung von rund 35 Prozent wäre.

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Doch Omikron könnte den verhalten optimistischen Prognosen des Staats einen Strich durch die Rechnung machen. Erstmals seit etlichen Monaten haben schließlich fast alle großen Metropolen in der Volksrepublik Corona-Infektionen registriert – von Shanghai über Shenzhen bis nach Peking.

In der chinesischen Hauptstadt haben sich in den vergangenen Tagen in sämtlichen Bezirken lange Menschenschlangen vor den Teststationen gebildet, und einzelne Wohnsiedlungen wurden abgeriegelt. Der große Lockdown hingegen ist bislang ausgeblieben.

Die Provinzen sind nervös

Die chinesische „Null Covid“-Strategie sieht jedoch vor, dass selbst bei kleinsten Infektionssträngen hart durchgegriffen wird. Derzeit sind insbesondere die Provinzen nervös, dass reisende Großstädter während des Neujahrsfests das Virus mit sich führen könnten: Ein Bürgermeister aus dem zentralchinesischen Henan sagte in einem Onlinevideo sogar, dass jeder, der aus einem Risikogebiet anreisen würde, umgehend in Quarantäne und dann in Untersuchungshaft müsse. Nach einem Aufschrei auf den sozialen Medien entschuldigte sich der Kommunalpolitiker jedoch.

Nun haben auch die Staatsmedien ein Machtwort gesprochen: Der Rundfunksender CCTV sprach sich in einem Kommentar am Freitag dafür aus, keine Methoden mit der Brechstange anzuwenden und den Familientreffen auch keine unnötigen Steine in den Weg zu legen. Für chinesische Verhältnisse ist dies eine bemerkenswerte Stellungnahme, denn zuvor hat der Staat gezielt die Unsicherheiten erhöht, um seine Bevölkerung bereits im Vorhinein von Reiseplänen abzuhalten.

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Tatsächlich jedoch mehren sich nun erste Anzeichen, dass die Zentralregierung angesichts des Neujahrsfestes bei ihrem Antiviruskampf behutsam vorgehen will. Denn eine weitere Saison, in der Konsum und Reisen ausbleiben, würde die abgekühlte Wirtschaftserholung des Landes stark gefährden. Zuletzt ist das Bruttoinlandsprodukt vom dritten auf das vierte Quartal 2021 nur mehr deutlich unter 2 Prozent gewachsen.

Und auch international besteht die Sorge, dass sich Chinas Corona-Maßnahmen massiv auf die ohnehin unter Druck stehenden, globalen Lieferketten auswirken. Wenn etwa die Küstenstädte Tianjin oder Shanghai ihre Häfen vorübergehend schließen würden, wäre dies für auch Europa ein denkbar schlimmes Szenario.

Für Cao Xin sind solche Gedankengänge weit weg. Doch sie kennt den Lockdown aus eigener Erfahrung: Zum Neujahrsfest vor drei Jahren 2020 reiste sie zu ihren Eltern, als gerade in Peking die ersten Fälle des neuartigen Coronavirus auftauchten. Nur wenige Tage saß sie schließlich in ihrem Heimatort fest – über einen Monat länger als geplant. Erst dann durfte sie wieder in die chinesische Hauptstadt zurückkehren.

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