Der eisige Winter der Kryptowährungen
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Der Bitcoin und andere Kryptowährungen werden zunehmend durch die straffere Geldpolitik vieler Zentralbanken belastet.
© Quelle: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa-Ze
Ein Mysterium verliert seinen Zauber. Was auf dem Finanzmarkt in erster Linie bedeutet: an Wert. Besitzer von Guthaben in Kryptowährungen haben grausame Wochen hinter sich, allein der Kurs für einen Bitcoin rasselte vorübergehend auf 17.666 herunter, seit dem Rekordhoch von etwa 69.000 Dollar im vergangenen November ist der Bitcoin um mehr als 60 Prozent eingebrochen. Der Kurs von Ether, die Nummer zwei am Kryptomarkt, fiel bis auf 1176 Dollar. Dies ist der niedrigste Stand seit Anfang 2021. Eine Kettenreaktion, denn auch das Kryptomining wird so für viele nicht mehr profitabel.
Für Anleger, denen Festgeld, Aktien, ETF‘s zu langweilig sind
Für Anleger, denen Festgeld, Aktien oder selbst ETF‘s schlicht zu langweilig waren, also zu wenig Bewegung versprachen, platz die Illusion vom schnellen Geld. Vorerst, denn über die Gründe für den Absturz der digitalen Währungen wird viel spekuliert. Sicher ist, dass die beiden Netzwerke Terra und Celsius, die ihren krypto-affinen Anlegern Rendite von annähernd 20 Prozent versprachen, kollabiert sind. Was zur Folge hatte, dass den verunsicherten Anlegern der Zugang zu ihren Kryptowerten verwehrt wurde – zwischenzeitlich, wie es hieß.
Beispiel Celsius: Die Plattform funktioniert wie eine Sparkasse mit mittlerweile 1,7 Millionen Kunden. Das Unternehmen vergibt mit Kryptowährungen besicherte Kredite und Sparprodukte. Die Kryptofirma versprach Anlegern eine jährliche Rendite von bis zu 17 Prozent. Sie können dort Cyberdevisen wie Bitcoin oder Ether einzahlen und erhalten für die Verwahrung Zinsen.
Doch anders als bei Bankkunden, deren Vermögen gemäß der gesetzlichen Einlagensicherung in Höhe von bis zu 100.000 Euro geschützt ist, drohen Krypto-Anleger im Falle einer Anbieterinsolvenz leer auszugehen. Was auf ein grundlegendes systemisches Problem hinweist, an dem der Markt krankt.
Eine Reaktion auf die Finanzkrise von 2008
Dabei war die Bildung der Kryptowährungen ein Produkt der Finanzkrise von 2008 – die Reaktion auf ein Banksystems, welches Finanztransfers verkompliziert, verteuert und institutionalisiert hatte. Jetzt durchlebt das ganze Kryptosystem jenen Sturm, den die Banken damals überlebten.
Dass der gesamte Kryptomarkt so unter Stress geriert, hat vor allem mit der wirtschaftlichen Gesamtsituation zu tun: Die beginnende Zinswende, die die Notenbanken zur Bekämpfung der hohen Inflation eingeleitet haben, macht sehr spekulative Anlageformen wie Kryptowährungen zunehmend unattraktiv. Viele erwarten eine Rezession und steigende Zinsen. Dann halten die Anleger lieber mehr Cash und steigen aus riskanten Werten wie Krypto aus.
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Die Zwillingsbrüder Tyler (r.) und Cameron Winklevoss (M.), der eine Vorstandschef, der andere Präsident der Kryptowährungsbörse Gemini Trust Company.
© Quelle: picture alliance / dpa
Anleger fragen sich nun, ob Bitcoin und Co. nach dem herben Ausverkauf einen Boden gefunden haben – oder ob die Furcht vor weiteren Einbrüchen den Kursen weiter zusetzt. Tyler und Cameron Winklevoss, der eine der Zwillingsbrüder ist Vorstandschef, der andere Präsident der Kryptowährungsbörse Gemini Trust Company, kündigten in einem Blogbeitrag im Juni an, dass die Branche in eine Schrumpfung eintritt: „Wir befinden uns jetzt in der Kontraktionsphase, die in eine Phase der Stagnation übergeht, die unsere Branche als ‚Kryptowinter‘ bezeichnet.“
Doch auf jeden Winter folgt ein Frühling, um im Bild zu bleiben. Für viele, die an die Zukunft von Bitcoin, Ethereum, Cardano, Solana und Co. glauben, tobt sich hier nur ein reinigendes Gewitter aus, nachdem es eine noch strahlendere Zukunft für digitale Währungen geben wird. Am Montag erholte sich der Kurs des Bitcoin immerhin auf rund 20.000 US-Dollar (gut 19.014 Euro). Auch andere Kryptodevisen stabilisierten sich zum Wochenstart. Die Nummer zwei am Markt, Ether, kostete wieder mehr als 1000 Dollar. Ein erster Frühlingswind? Wohl kaum, eher eine Pause im Winter.
Gary Gensler, Chef der US-Börsenaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission (SEC), der ein ausgewiesener Experte für Kryptowährungen ist und viel unternimmt, um den Markt zu regulieren und so zukunftsfähig zu machen, sprach jüngst eine Warnung aus – nicht grundsätzlich vor Anlagen in Kryptowährungen, sondern vor unseriös hohen Renditen: „Ich warne die Öffentlichkeit: Wenn es zu gut erscheint, um wahr zu sein, ist es möglicherweise zu gut, um wahr zu sein.“
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