Der Krieg ist an der Börse angekommen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/MDUHQWSRDNBM7IZU3A5LGYXFAA.jpeg)
Auch an der Wall Street ist die Rallye vorbei.
© Quelle: Mark Lennihan/AP/dpa
Hannover. Es hat ein bisschen gedauert. An den Finanzmärkten tat man sich wie überall schwer mit dem gedanklichen Schritt von der Krise zum Krieg in der Ukraine. Aber zumindest die europäischen Anlegerinnen und Anleger haben ihn nun gemacht. Der Dax hat gegenüber dem Schlussstand vor einer Woche rund 10 Prozent verloren, seit Jahresbeginn sind es knapp 20 Prozent. Ein weiterer schlechter Tag wird genügen, um ihn unter 13.000 Punkte zu drücken.
Die Nähe zum Kampfgebiet drückt den Euro
Damit ist wohl zu rechnen, denn weil die Sanktionen gegen Russland beispiellos sind, hat auch noch niemand eine klare Vorstellung von ihren Nebenwirkungen. Da ist Luft für einige Überraschungen, und so meiden aktuell fast alle das Risiko. Das trifft wegen der Nähe zum Kriegsgebiet auch den Euro: Die europäische Währung kostet jetzt weniger als 1,10 Dollar. Vor einem Monat waren es noch knapp 1,15 Dollar, vor einem Dreivierteljahr sogar mehr als 1,20 Dollar.
Viel Geld fließt in Rohstoffe
Nun muss das Geld aus den Aktienverkäufen irgendwohin, und das ist dieser Tage gar nicht so einfach. Notgedrungen fließt viel in Bundesanleihen, die Rendite der Zehnjährigen ist deshalb schon wieder in den Minusbereich gerutscht – auch nicht sehr verlockend. Wer den Ruf des Krisengewinnlers nicht scheut, geht in Rohstoffe. Fonds mit einschlägigen Papieren steigen schon seit einem halben Jahr kräftig und haben allein in dieser Woche mehr als 5 Prozent zugelegt. Auch mit dem Goldpreis geht es seit einem Monat aufwärts, und sehr viel Geld dürfte jetzt einfach liquide herumliegen und auf Verwendung warten.
Die Schwankungen bleiben hoch
Man könnte es natürlich spenden, aber die Erfahrung spricht dafür, dass die größere Menge doch an die Börse zurückfließt. Das verspricht ordentliche Schwankungen mindestens für Wochen. Bald werden die ersten Wagemutigen wieder ihre Chance suchen und die Märkte sich zwischendurch erholen. Aber genauso sicher werden Gewinne schnell mitgenommen. Wenn nicht Nachrichten vom Krieg dafür sorgen, dann solche von der Inflation. Auch an die Börse kehrt die Stabilität nicht so schnell zurück.
Stefan Winter ist leitender Wirtschaftsredakteur des RND. Er schreibt an dieser Stelle wöchentlich über Börse, Finanzmarkt, Aufstieg und Fall der Kurse – und die Unternehmen dahinter.