Deutsche Manager plädieren trotz Spannungen für Ausbau des Russland-Geschäfts
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Ein Containerterminal in Wladiwostok.
© Quelle: imago images/ITAR-TASS
Berlin. Trotz großer politischer Spannungen sollten die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland weiter zielgerichtet ausgebaut werden. Dafür plädierten Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Verbandschefs aus unterschiedlichen Branchen am Donnerstag auf der Russland-Konferenz 2022 der Industrie- und Handelskammer (IHK) Düsseldorf. „Wir hoffen auf eine Entspannung und dass die Diplomatie bald wieder im Vordergrund steht“, sagte Steffen Greubel, Vorstandschef des Handelsriesen Metro AG (Düsseldorf).
Er zeigte sich mit dem Geschäftsverlauf im vergangenen Jahr in Russland zufrieden. Metro legte trotz pandemiebedingter Schwierigkeiten beim Umsatz um 3,3 Prozent zu. Mit einem Jahresumsatz von 2,5 Milliarden Euro ist das Russland-Geschäft inzwischen das drittgrößte Engagement von Metro im Ausland. Der deutsche Konzern besitzt im größten Flächenland der Erde inzwischen 3000 lokale Lieferanten und 3,5 Millionen Kunden.
„Besonders in der Food-Service-Distribution sehen wir weiterhin gute Wachstumschancen“, sagte Greubel. Die direkte Belieferung von Gastronomiebetrieben mit Lebensmitteln macht inzwischen 17 Prozent des Umsatzes bei Metro Russland aus. Dennoch ist das Geschäft kein Selbstläufer. Aufgrund stagnierender Reallöhne achten die Russen auch beim Essen sehr auf den Preis. Die Konkurrenz von Discountern sei stark, sagte der Metro-Chef.
Matthias Schepp, Chef der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK) in Moskau, ermunterte deutsche Unternehmen zum Engagement auf dem russischen Markt und nannte als lohnenswertes Beispiel den digitalen Gesundheitsbereich. Die Pandemie habe auch in Russland die Digitalisierung massiv vorangebracht.
So habe beispielsweise die Telemedizin im Jahr 2020 um 300 Prozent zugelegt. Inzwischen gebe es zehn Millionen aktive Nutzerinnen und Nutzer der digitalen Kommunikation zwischen Arzt und Patientin. Schepp verwies darauf, dass der russische Staat bis 2024 ein Förderprogramm von 20 Milliarden Euro in diesem Bereich aufgelegt hat.
Chef der IHK Düsseldorf: „Sollten Russland nicht aufgeben“
Vor dem Hintergrund der angespannten politischen Situation, sagte Schepp, gerade, wenn es politisch schwierig ist, sei oftmals die Wirtschaft die starke Brücke, die noch verbindet. Ähnlich äußerte sich auch der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Düsseldorf, Andreas Schmitz. Mit Blick auf China sagte er, wenn deutsche Unternehmen Plätze freimachten, würden diese schnell durch andere besetzt. „Wir sollten Russland nicht aufgeben, sondern unser Engagement eher noch verstärken“, sagte Schmitz und plädierte für eine „Politik aus Dialog und Härte“.
Ekaterina Karpushenkova, die als Repräsentantin der landeseigenen Außenwirtschaftsförderungsgesellschaft NRW Global Business in Moskau unterwegs ist, betonte, dass der ökologische Umbau auch in Russland beginnt. Bis 2030 stellt der Staat für Projekte in dieser Richtung 45 Milliarden Euro zu Verfügung. Als Beispiele lohnender Engagements nannte sie die Entsorgung von Schadstoffen wie Altbatterien oder den Bau von Filteranlagen in der Wasserwirtschaft. „Da haben deutsche Firmen viel Raum, sich einzubringen“, sagte Karpushenkova.
Ein Schlaglicht auf den noch in den Kinderschuhen steckenden Bereich E-Mobilität warf Stefan Mecha, Geschäftsführer der Volkswagen Group Russland. „Die E-Mobilität ist noch ein Nischenprodukt“, räumte Mecha ein, aber VW sei sehr gut im Geschäft. Von 1000 im Jahr 2021 zugelassenen Neuwagen kamen 900 von Volkswagen.
Mecha rechnet in den nächsten Jahren mit einem starken Wachstum und im Jahr 2030 mit der Zulassung von 350.000 Neufahrzeugen. „Wir sind begeistert, wie das Thema in Russland Fahrt aufnimmt“, sagte der VW-Manager. „Wenn sich der Markt so entwickelt, wie es die Prognosen vorhersagen, dann wird Russland sehr interessant.“
Als Türöffner im Russlandgeschäft sieht sich das bei der IHK angesiedelte Russland Kompetenzzentrum Düsseldorf, das auch Start-up-Unternehmen unterstützt. So half es 2021 etwa dem deutsch-russischen Lebensmittellieferdienst Getfaster GmbH mit auf die Beine, der inzwischen in neun deutschen Städten präsent ist.