Kommentar zu Gaslieferungen

Deutschland hat die Wahl zwischen Pest und Cholera

Was tun? Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist für einen dreitägigen Trip in Katar.

Was tun? Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist für einen dreitägigen Trip in Katar.

Doha. Zu beneiden ist Robert Habeck dieser Tage nicht. Der grüne Vizekanzler, der die Energiewende vorantreiben, die Industrie von ihrer Kohlenstoffsucht entwöhnen und das Wirtschafts- zu einem Klimaschutz­ministerium umbauen wollte, muss plötzlich Fragen beantworten, die längst geklärt waren. Wo bekommt die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt ihr Öl her? Woher ihre Kohle? Woher ihr Gas?

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Reise nach Katar: Habecks Suche nach Erdgas
19.03.2022, Brandenburg, Schönefeld: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, steigt auf dem militärischen Teil des Flughafen Berlin Brandenburg in ein Flugzeug der Flugbereitschaft der Bundeswehr, um nach Doha (Katar) zu fliegen. Wirtschafts- und Klimaschutzminister Habeck reist zu einem dreitägigen Besuch an den Persischen Golf. In Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) führt er zahlreiche Gespräche über mögliche Energieimporte aus den Golf-Staaten. Als Folge des Ukraine-Kriegs will Deutschland seine Abhängigkeit von russischen Energieimporten verringern. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Bundeswirtschafts­minister Habeck sucht weltweit nach alternativen Energielieferanten zu Russland. Seine erste Reise führt ihn nach Katar.

Die bisherige Antwort – zum großen Teil aus Russland – ist in der Sache zwar noch richtig, fühlt sie aber nicht mehr so an, seit Kremlmachthaber Wladimir Putin in der Ukraine einen brutalen Krieg führen lässt. Neben dem moralischen Dilemma, dass Deutschland mit jedem Liter Sprit, jedem Zentner Kohle und jeder Kilowattstunde Gas die russische Kriegsmaschinerie mitfinanziert, gibt es auch ein strategisches: Was geschieht, wenn Russland die Energielieferungen einstellt? Oder wenn die Bilder aus der Ukraine so unerträglich werden, dass die Bundesregierung selbst ein Energie­embargo verhängt?

Deutschland braucht eher mehr Gas als weniger

Habeck ist Visionär genug, um zu wissen, dass die langfristige Lösung nur in einem beschleunigten Ausbau der Stromerzeugung aus Wind und Sonne liegen kann. Und er ist Realist genug, um zu erkennen, dass der nicht in ein paar Monaten oder Jahren zu bewerkstelligen ist. Für den Übergang braucht es Gas. Und zwar eher mehr als weniger.

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Kurzfristig wird das auch weiterhin aus Russland kommen müssen, mittelfristig sollen andere Lieferländer einspringen. Dummerweise ist keines davon so unproblematisch wie Norwegen, das kaum noch Kapazitäten hat. Frackinggas aus den USA verursacht große Umweltschäden, australisches Gas ist wegen des langen Transports besonders klimaschädlich, das Golfemirat Katar steht wegen der schlechten Behandlung von Arbeitsmigrantinnen und ‑migranten in der Kritik.

Die bittere Wahrheit ist, dass es beim Gas keine unproblematische Entscheidung mehr gibt. Um sich aus der Zwangslage zu befreien, sollte Deutschland auf möglichst viele Lieferanten setzten. Und dann so schnell wie möglich aussteigen.

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