Inflation zeigt Wirkung

Möbel, Fleisch, Gemüse: Deutschland spart schon jetzt

Weniger Obst, weniger Gemüse: Deutschland spart beim Einkaufen.

Weniger Obst, weniger Gemüse: Deutschland spart beim Einkaufen.

Angesichts der steigenden Energiepreise und der hohen Inflation hat sich das Konsumklima in Deutschland deutlich verschlechtert. Nach einer aktuellen Studie des Marktforschungsinstituts GfK hat der sogenannte Konsumklimaindex im Juni ein historisches Tief erreicht. So sparen die Deutschen beispielsweise bei größeren Anschaffungen wie Möbeln oder Elektrogeräten: Hier gaben nach GfK-Erhebungen 22 Prozent der Konsumentinnen und Konsumenten an, weniger zu kaufen als zunächst geplant.

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Der Konsumklimaindex wird seit 1991 erhoben. Um ihn zu berechnen, werden Verbraucherinnen und Verbraucher nach Konsum, Einkommen und ihrer Sicht auf die wirtschaftliche Lage gefragt. Und die sind denkbar pessimistisch: Seit Beginn der Erhebung wurde nie ein niedrigerer Wert gemessen als im Juni 2022.

Inflation bereitet den Deutschen derzeit die größten Sorgen
ARCHIV - 14.06.2022, Hamburg: Ein Mann betankt an einer Tankstelle sein Auto. Ein Beratergremium der Bundesregierung sieht auf dem Ölmarkt grundsätzliche Wettbewerbsprobleme. (zu dpa «Monopolkommission sieht Wettbewerbsprobleme auf Ölmarkt») Foto: Daniel Reinhardt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Seit Monaten wird das Leben immer teurer – laut Umfrage belastet das derzeit die Menschen in Deutschland am meisten.

Deutlich ist der Knick im Konsumverhalten auch bei Lebensmitteln. Hier zeigen jüngste Zahlen des GfK – diesmal aus dem Consumer Index – dass es besonders beim Konsum von Fleisch und Wurst einen Rückgang gab. Im Vergleich zum Mai 2021 seien die Mengen um fast 26 Prozent geschrumpft, heißt es. Hanna Kehl, GfK-Expertin für Verbraucherverhalten, führt das auf die Teuerung zurück, die viele Menschen zurückhaltender einkaufen lässt.

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Sie gibt allerdings auch zu bedenken, dass im Mai 2021 noch mehr Menschen im Homeoffice gewesen seien und der Außer-Haus-Konsum seitdem zugenommen habe. Konkret heißt das: Wer jetzt öfter in der Kantine isst, kauft manche Waren zu Hause auch seltener ein. Bezüglich des Fleisch- und Wurstkonsums sei auch zu beobachten, dass dieser generell in der Gesellschaft zurückgehe. „Der Flexitarismus hat sich manifestiert“, so Kehl.

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Die Deutschen verzichten offenbar aber auch zunehmend auf Obst und Gemüse: In diesem Bereich verzeichnet das Institut im Vergleich zum Mai 2021 ein Umsatzminus von 9 Prozent. Auch bei Brot und Backwaren geht er zurück: Dort brach im Mai 2022 der Umsatz im Vergleich zum Mai 2021 um 7,3 Prozent ein. Hier verweist Kehl allerdings ebenfalls auf die Beobachtung, dass die Leute vermehrt außer Haus essen – und somit manche Produkte auch seltener im Einkaufskorb landen.

„Die Leute werden sehr kreativ“

Was sie generell bemerkt: „Wir sehen, dass zu günstigeren Produkten gegriffen wird“, sagt sie. Außerdem sei zu beobachten, dass sich viele Verbraucherinnen und Verbraucher vermehrt nach Rabattangeboten umsehen oder auf günstigere Einkaufsstätten wie Discounter umsteigen. Und es ist Kreativität gefragt: „Die Leute werden sehr kreativ, um ihre sozial-ökologischen Ansprüche zu halten, indem ein Haushalt beispielsweise anstatt im Biofachhandel nun Bioprodukte im Discounter kauft.“

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Doch nicht überall geht die Nachfrage zurück: Die GfK-Zahlen zeigen, dass der Reisemarkt boomt. Die Buchungszahlen seien vergleichbar mit 2019, heißt es. Hanna Kehl merkt an, dass es von Mensch zu Mensch variieren kann, wo letztendlich gespart wird. „Was als Luxus definiert wird, ist ganz individuell“, sagt sie. Für die einen sei es eine Reise, auf die sie sich lange gefreut haben, für andere beispielsweise ein alkoholisches Getränk. „Das ist eine hochsensible Frage.“

Kehl, die als GfK-Expertin regelmäßig Daten zum Verbraucherverhalten erhebt, hat schon einmal einen Einbruch im Konsumklima erlebt: „Zu Beginn der Pandemie, im Mai 2020, ging das Konsumklima schon einmal drastisch nach unten“, sagt sie. Dennoch gibt es jetzt neue Dimensionen: „Aber was wir jetzt haben, hatten wir so noch nie: Inflation, Krieg und Pandemie.“

Appell an die Europäische Zentralbank

Für die kommenden Wochen und Monate sei eine Prognose deshalb auch schwierig. Das sei wie ein Blick in die Glaskugel, sagt Kehl. So sei das Konsumverhalten von der Entwicklung weiterer Faktoren – wie beispielsweise der Heizölpreise – abhängig.

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Um beim Konsumklima wieder eine Trendwende zu erreichen, ist nach GfK-Ansicht nicht nur ein Ende des Ukraine-Kriegs entscheidend, sondern vor allem, dass die Inflationsraten wieder „zurückgeführt werden“, heißt es in einer Mitteilung. „Hier ist in erster Linie die Europäische Zentralbank gefordert, dies durch eine angemessene Geldpolitik zu begleiten.“ Gleichzeitig sollten diese Maßnahmen auch gut abgewogen sein, um die ohnehin schon angeschlagene Wirtschaft nicht in eine Rezession zu schicken.

Der aktuelle Konsumklimaindex (Juni 2022) liegt bei -26,2. Für den Juli hat das in Nürnberg ansässige GfK bereits eine erste Prognose gewagt: Demnach könnte der Indexwert dann sogar bei -27,4 Punkten liegen, was ein erneutes Abrutschen bedeuten würde. Der Wert berechnet sich aus den Konsumentenantworten, die jeweils eine Punktzahl bekommen und miteinander verrechnet werden.

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