Größte Investition der FIrmengeschichte

Für 5 Milliarden Euro: Warum Infineon in Dresden eine neue Chipfabrik bauen will

Die Platine eines Smartphones liegt vor einer LED-Wand mit rotem Licht. In immer mehr elektronischen Geräten und Produkten steckt ein Computerchip.

Die Platine eines Smartphones liegt vor einer LED-Wand mit rotem Licht. In immer mehr elektronischen Geräten und Produkten steckt ein Computerchip.

Neubiberg. Halbleiter sind derzeit global Mangelware und zum strategischen Gut geworden. Deshalb will die Europäische Union (EU) neue Chipfabriken in Europa per finanzieller Förderung anlocken und damit den EU-Produktionsanteil bis 2030 auf ein Fünftel verdoppeln. Dazu leistet der Chipkonzern Infineon aus Neubiberg vor den Toren Münchens voraussichtlich bald einen großen Beitrag.

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„Wir wollen für 5 Milliarden Euro in Dresden eine neue Chipfabrik bauen, was die größte Investition in unserer Firmengeschichte wäre“, kündigt der neue Infineon-Chef Jochen Hanebeck selbstbewusst an. Voraussetzung sei eine „angemessene“ staatliche Unterstützung. Was Infineon für angemessen hält, lässt der seit April amtierende Konzernchef bei der Bilanzvorlage auch auf Nachfragen offen.

Experten sagen, dass der Bau einer großen Chipfabrik weltweit branchenüblich zu rund 40 Prozent subventioniert wird. Im Fall von Dresden wären das 2 Milliarden Euro. Das dürfte der Preis sein, will die EU bei Chips als modernem Rohstoff künftig nicht mehr so stark von Asien abhängig sein, wo heute vier Fünftel der Microprozessoren gefertigt werden. „Eine neue Chipfabrik in Dresden würde die Resilienz Europas stärken“, wirbt Hanebeck. Zudem könnte sie mit Herbst 2026 relativ rasch in Betrieb gehen, weil der Chipkonzern dort schon auf bestehende Fertigungsstätten aufbauen kann.

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Noch sind keine Fördersummen bestätigt

Ein großes Problem scheint die sich abzeichnende Milliardensubvention nicht zu sein. „Wir freuen uns über starke politische Unterstützung aus Brüssel und Berlin“, sagt Hanebeck mit Blick auf EU und Bund. Über Fördersummen entschieden sei aber noch nicht. Baubeginn für die neue Fabrik, die im Endausbau jährlich Chips in einem Umsatzvolumen von etwa 5 Milliarden Euro fertigen und rund 1000 neue Jobs schaffen würde, könnte Herbst nächsten Jahres sein. Auch das spricht für den schon heute größten Chipstandort Europas. Weltweit ist es der fünftgrößte seiner Art.

Rekordjahr für Infineon

an die Wirtschaft von Thomas Magenheim-Hörmann Infineon Infobox Eine Milliardensubvention für Infineon zum Bau einer neuen Chipfabrik in Dresden könnte öffentlich nicht leicht zu vermitteln sein. Der Konzern mit seinen global 56.000 Beschäftigten blickt auf ein Rekordjahr 2021/22 (zum 30. September) zurück und prognostiziert eine noch bessere Zukunft. Die Umsätze sind dabei um 29 Prozent auf 14,2 Milliarden Euro gestiegen. Der Gewinn nach Steuern hat sich auf 2,2 Milliarden Euro fast verdoppelt. Aktionäre bekommen 32 Cent Dividende je Aktie und damit 5 Cent mehr. Wie glänzend Infineon dasteht, zeigt die operative Gewinnmarge, die binnen Jahresfrist von 18,7 auf nun 23,8 Prozent geklettert ist. Das Ziel dafür hat das Management, auf einen mehrjährigen Branchenzyklus gerechnet, jetzt von bisher 19 auf 25 Prozent gehievt. Das Ziel für das Umsatzwachstum wurde von knapp 10 auf über 10 Prozent erhöht. Im laufenden Geschäftsjahr 2022/23 soll das in 15 bis 16 Milliarden Euro Erlös münden. Infineon sitzt auf Aufträgen über rund 40 Milliarden Euro.

Für Infineon würde ein derart massiver Ausbau der Dresdner Fertigungskapazitäten wegen der damit entstehenden Größenvorteile zudem hohe Profitabilität mit sich bringen, hofft Hanebeck. „Infineon macht Tempo“, betonte er mit Blick auf die neuen Pläne. Erst im Februar 2021 hat sein Konzern das Werk im österreichischen Villach kräftig erweitert. Ein weiterer Ausbau der Chipfabrik im malayischen Kulim soll 2024 erste Halbleiter produzieren.

Überall auf der Welt sind neue Chipfabriken geplant

In Dresden wiederum hatte zuletzt der Kfz-Zulieferer Bosch eine neue Chipfabrik eröffnet. In Magdeburg plant der US-Konzern Intel eine noch weit größere Riesenfabrik für Halbleiter, die rund 20 Milliarden Euro kosten soll. Auch in Frankreich und Italien sollen demnächst neue Chipfabriken entstehen. In mindestens so großem Umfang wird aber auch jenseits der EU-Grenzen in neue Kapazitäten investiert, weshalb es Europa schwer haben dürfte, in der Produktion unter dem Strich größere Weltmarktanteile zu erobern. Das bis 2030 angestrebte Ziel von 20 Prozent bezeichnete Hanebeck deshalb als visionär.

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„Da muss noch mehr passieren, aber es geht in die richtige Richtung“, sagt der Infineon-Chef. Eine echte Gefahr, mit den derzeit vielerorts neu geplanten Chipfabriken in der Mitte des Jahrzehnts massive Überkapazitäten zu erzeugen, sieht er nicht. „Der Bedarf übersteigt mittelfristig bei weitem unsere Fertigungskapazitäten“, ist sich der Chipmanager sicher.

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Zwar würden die Hersteller von Smartphones, Computern und Konsumelektronik als wichtige Abnehmer derzeit schwächeln. In der Autoindustrie, bei erneuerbaren Energien oder durch das Internet der Dinge wachse die Nachfrage aber langfristig stark an. „Infineon wird davon überproportional profitieren“, glaubt Hanebeck. Der Neubau in Dresden käme wohl genau zur richtigen Zeit. „Wir sind zuversichtlich, dass wir die Fabrik füllen können“, wischt er Bedenken zu drohenden Auslastungsproblemen vom Tisch.

Autobauer müssten zudem wohl noch bis ins Jahr 2024 hinein mit fehlenden Elektronikbauteilen leben, auch wenn sich die Lage derzeit zunehmend entspannt, schätzen die Infineon-Manager. Vor allem Mikrocontroller fehlen, die Infineon nicht selbst baut, sondern über asiatische Auftragsfertiger bezieht. Auch in dem Bereich müsste Europa noch dringend eigene Kapazitäten aufbauen, findet Hanebeck.

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