Fast Fashion auf dem Prüfstand: Zalando startet neuen Reparaturservice

Zalando arbeitet für das Projekt mit lokalen Schneidern zusammen.

Zalando arbeitet für das Projekt mit lokalen Schneidern zusammen.

Hannover. Immer mehr Kleidung zu immer günstigeren Preisen – Fast Fashion gerät zunehmend in Verruf. Denn die Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima sind immens. So gehen Schätzungen davon aus, dass die Modebranche 10 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verursacht und damit mehr als die internationale Luft- und Seeschifffahrt zusammen. Dazu kommen enorme Ressourcen an Wasser und Landfläche, die der Anbau von Baumwolle kostet, sowie der Einsatz von Farbstoffen, Chemie und Pflanzenschutzmitteln.

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Viele große Modeunternehmen wollen deshalb etwas für ihr Image tun – und setzen verstärkt auf das Thema Nachhaltigkeit. Unter dem Motto hat nun auch Europas größter Onlinemodehändler Zalando einen Reparaturservice gestartet. Das übergeordnete Ziel: Bis 2023 soll die Lebensdauer von mindestens 50 Millionen Kleidungsstücken verlängert werden.

Zalando als Vermittler von Dienstleistungen

Zalando arbeitet bei dem Projekt „Care and Repair“, das diese Woche zunächst in Berlin gestartet ist, mit lokalen Schneidereien, Schustern und Reinigungsfirmen zusammen. Das Unternehmen ist also der Vermittler: Die Kunden buchen eine Reparatur online, Zalando sorgt für den Versand der gebrauchten Kleidung und für die Reparatur durch andere Firmen.

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Grundsätzlich sei es in Anbetracht der schlechten Ökobilanz absolut sinnvoll, Kleidung zu reparieren, sagt Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe. Es stelle sich allerdings die Frage nach dem Preis: „Wenn man Notreparatur für Kleidung anbietet, dann darf die Reparatur nicht so teuer sein wie Neuware, sonst macht es nämlich keiner“, so Fischer.

Steuersenkungen für Schneider?

Er findet deshalb grundsätzlich, dass steuerliche Anreize geschaffen werden müssten, damit Servicedienstleistungen von Schneidereien und Schustern überhaupt konkurrenzfähig sind. „Man könnte den Mehrwertsteuersatz von 19 auf 7 Prozent senken, damit sich die Reparatur im Vergleich zur Neuware mehr lohnt“, so Fischer.

In Bezug auf das Zalando-Projekt stelle sich außerdem die Frage, ob es gerade in einer Metropole wie Berlin, wo es genügend Schneidereien und Schuster gibt, notwendig sei, Zalando als Vermittler zu buchen. „Ich könnte mir aber vorstellen, dass es auf dem Land komfortabel für Menschen sein kann, die sonst lange Wege hätten“, so Fischer.

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Greenpeace: Nur ein Marketinggag

Für Viola Wohlgemuth von Greenpeace ist das ganze Projekt des Dax-Neulings Zalando nicht mehr als Greenwashing: „Zalando steht für alles, aber nicht für Nachhaltigkeit. Denn das ganz große Geschäft läuft weiter mit Fast Fashion“, urteilt die Textilexpertin. Sie kritisiert, dass 70 Prozent der Kleidung auf dem Markt aus Mischgewebe besteht, dessen Fasern nicht recycelt werden können. „Da müsste sich etwas ändern, sonst ist das für mich nur ein Marketinggag.“

Tatsächlich stehen die Textilrecycler vor immer größeren Problemen. Denn die steigende Altkleidermenge ist für sie fast nicht mehr zu bewältigen. „Das bisher kostenfreie hochwertige System des Alttextilrecycling steht vor dem Kollaps“, sagt der Vizepräsident des Bundesverbands Sekundärrohstoffe und Entsorgung (BVSE), Martin Wittmann. Hatten die Recyclingfirmen 2013 noch eine Million Tonnen Altkleider pro Jahr zu entsorgen, waren es fünf Jahre später schon 1,3 Millionen Tonnen. Pro Kopf bedeutet das ein Altkleiderplus von fast einem Kilogramm.

Second Hand als Wachstumsmarkt

Die Nachhaltigkeitsstrategien der großen Modehändler setzen deshalb auch auf Secondhand. Bei Zalando können Kunden seit September vergangenen Jahres auch gebrauchte Mode kaufen und verkaufen. Das dortige Sortiment sei seither um das Zehnfache auf inzwischen 200.000 Artikel gewachsen, sagt die zuständige Zalando-Managerin Laura Coppen. Seit Ende 2020 hat auch die Otto-Plattform About You getragene Kleidungsstücke im Angebot.

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Wie begehrt das Geschäft ist, zeigt die jüngste Finanzierungsrunde des französischen Start-ups Vestiaire Collective. Nachdem Investoren bereits im März eine Summe von knapp 180 Millionen Euro in das Unternehmen gesteckt hatten, das Geld mit gebrauchter Luxuskleidung verdient, legten nun zwei namhafte Investoren noch einmal knapp 180 Millionen Euro obendrauf.

Es handelt sich um die japanische Beteiligungsgesellschaft Softbank und den US-Investor Generation Investment Management, bei dem der Ex-US-Vizepräsident Al Gore Gründungspartner ist. Damit liegt die Bewertung von Vestiaire jetzt bei rund 1,7 Milliarden Euro.

Kein Wunder: Die Boston Consulting Group hat bereits im vergangenen Jahr eine Studie veröffentlicht, in der die Autoren davon ausgehen, dass der globale Secondhandmarkt in den nächsten fünf Jahren von damals 2 auf dann 15 bis 20 Prozent Marktanteil wachsen wird.

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