Für wen und wann sich eine Rechtsschutzversicherung lohnt
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Im Corona-Jahr 2020 haben viele Verbraucher wegen Streitereien im Job oder bei Mietangelegenheiten ihre Rechtsschutzversicherung genutzt.
© Quelle: Victoria Bonn-Meuser/dpa
Stuttgart. Das Corona-Jahr 2020 hat nicht nur den Alltag der Menschen gehörig durcheinandergewirbelt, es sind bei vielen auch nicht selten rechtliche Fragen in Zusammenhang mit Job, Wohnung oder dem Urlaub aufgetaucht. Viele Verbraucher haben deswegen im vergangenen Jahr Unterstützung bei ihrem Rechtsschutzversicherer gesucht.
Laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) haben über 1,8 Millionen Kunden die anwaltliche Telefonberatung ihres Rechtsschutzversicherers in Anspruch genommen. Rund 1,6 Millionen Beratungen entfielen auf die Monate März bis Dezember. Das sind rund 158.000 im Monat, was einer Steigerung von gut einem Viertel gegenüber normalen Monaten entspricht.
Hohe Nachfrage nach Rechtsberatung in den Corona-Monaten
Nach Aussage von Thomas Lämmrich, Leiter Rechtsschutzversicherung beim GDV, war gerade beim Vertrags- und Arbeitsrecht die Nachfrage nach einer Beratung in den Corona-Monaten besonders hoch. „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach anwaltlicher Telefonberatung auch 2021 auf hohem Niveau verbleiben wird, rechnen in diesem Jahr als Folge der Corona-Krise aber auch generell mit einer deutlichen Zunahme aller Rechtsschutzfälle“, ergänzt Lämmrich.
Vor allem im Arbeitsrecht dürften laut dem GDV aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklungen die Schäden in diesem Jahr stark steigen. Im Bereich des Arbeits- und Vertragsrechts entsteht ein Drittel der Schäden in der Rechtsschutzversicherung. Laut dem Verband bearbeiten die Rechtsschutzversicherungen über vier Millionen Fälle im Jahr und leisten dafür rund 2,8 Milliarden Euro.
Ärger und Streit gibt es auch abseits der Pandemie
Auch wenn gerade in der Corona-Krise augenscheinlich eine Rechtsschutzversicherung für viele Verbraucher wichtig ist – Ärger und Streit gibt es auch abseits der Pandemie. Sei es eine Abmahnung am Arbeitsplatz oder einen Streit mit dem Vermieter.
Der alte Spruch „Recht haben und Recht bekommen ist zweierlei“ mag zwar plakativ klingen, er ist aber Realität. Streiten macht zudem niemand wirklich Spaß, aber mit einem Anwalt und einer Versicherung im Rücken lassen sich viele Probleme lösen, ohne dabei seinen finanziellen Ruin befürchten zu müssen.
Rechtsanwaltsgebühren zum Jahresanfang erhöht
Hinzu kommt, dass erstmals seit sieben Jahren in Deutschland die Rechtsanwaltsgebühren und andere Justizhonorare angehoben wurden. Zum 1.1.2021 sind demnach Rechtsanwaltsgebühren, Sachverständigen- und Dolmetscherhonorare, Schöffen- und Zeugenentschädigungen sowie Gerichtsgebühren allgemein um 10 Prozent gestiegen, im Sozialrecht sogar um 20 Prozent.
Die gestiegenen Kosten für einen Rechtsstreit lassen durchaus die Frage aufkommen, inwieweit eine Rechtschutzversicherung sinnvoll ist und ob sich die Kosten dafür lohnen.
Ein bedarfsgerechter Versicherungsschutz
Verbraucherschützer raten hierbei, nicht unbedingt gleich zum Rundumschutz zu greifen. Mit einzelnen Rechtsschutzpakten wie „Privat“, „Beruf“, „Verkehr“ oder „Miete“ lässt sich ihrer Ansicht nach ein bedarfsgerechter Versicherungsschutz zusammenstellen.
Eine Rechtsschutzversicherung für die Lebensbereiche Privat, Beruf und Verkehr kostet laut Finanztest je nach Versicherer zwischen 187 und 672 Euro pro Jahr bei einer Selbstbeteiligung im Schadensfall in Höhe von 150 Euro. Was eine Rechtsschutzversicherung genau abdeckt, ist in den jeweiligen Versicherungsbedingungen geregelt.
Eine ausreichende Deckungssumme
Um im Versicherungsfall ausreichend abgesichert zu sein, sollte man sich Gedanken über die Höhe der Deckungssumme machen. Dies ist die Summe, bis zu welcher die Versicherung die Kosten für Rechtsverfahren übernimmt.
Experten von Check24 empfehlen beim Abschluss eine Deckungssumme von mindestens 300.000 Euro. Eine solche Summe deckt laut der Experten die Kosten für die meisten Streitfälle gut ab. Ein Zahlenbeispiel hierzu: Bei einem Streitwert von einer Million Euro liegen die Verfahrenskosten mit bis zu 170.000 Euro unter dieser Summe. Viele Rechtsversicherer bieten indes eine unbegrenzte Abdeckung bei einem Prozess.
Aufpassen auf die Wartezeit
Wer gerade einen juristischen Streit hat und schnell eine Rechtsschutzversicherung abschließen möchte, um mit den Kosten besser klarzukommen, sollte sich über die sogenannte Wartezeit bewusst sein.
Das bedeutet, dass viele Rechtsschutztarife in den ersten drei Monaten nach Vertragsabschluss nicht greifen und keine Kostenübernahme seitens der Versicherung erfolgt. Laut Check24 wird lediglich seitens der Versicherer beim Verkehrsrechtsschutz oft auf eine Wartezeit verzichtet.
Die Experten raten ebenso, die Wartezeiten der einzelnen Tarife genau zu vergleichen, um den passenden zu finden. Die Wartezeit entfällt aber, wenn es zu einem Versicherungswechsel mit nahtlosem Übergang kommt.
Kein Freifahrtschein für Streitereien
Ebenso sollte man seine Rechtschutzversicherung nicht als eine Art Freifahrtschein für Streitereien ansehen und sie nicht bei jeder Kleinigkeit einsetzen. Viele Versicherungen haben in den Bedingungen eine außerordentliche Kündigungsmöglichkeit für beide Vertragsparteien eingebaut, wenn der Versicherte mindestens zwei Streitfälle innerhalb von zwölf Monaten eingereicht hat. Die Hilfe der Rechtschutzversicherung sollte daher entsprechend nur für kostspielige Rechtsstreitereien genutzt werden.
Wer sich das Geld für eine Rechtschutzversicherung sparen will, aber dennoch abgesichert sein möchte, sollte überprüfen, inwieweit er die Bereiche Arbeit, Miete und Verkehr nicht vielleicht schon über die Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, einem Mieterverein oder einem Automobilclub abgedeckt hat.