Warum ein neuer Goldrausch von Zinsen und Inflation abhängig ist
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Goldbarren in unterschiedlicher Größe liegen bei einem Goldhändler in einem Tresor (Symbolbild).
© Quelle: Sven Hoppe/dpa
Frankfurt am Main. Was gülden glitzert und funkelt, steht derzeit hoch im Kurs. Von einem neuen Goldrausch ist bereits die Rede. Das Edelmetall hat sich seit Anfang November um mehr als 10 Prozent verteuert. Doch ganz so einfach ist das mit dem Goldrausch dann doch wieder nicht.
Sicherer Hafen, Krisenwährung oder auch Wertaufbewahrungsmittel – so oder ähnlich wird Gold noch immer eingestuft. Was ist als Instrument zur Geldanlage in der aktuellen Lage besser geeignet? Der Krieg in der Ukraine hat eine Energiekrise und enorme Inflationsraten ausgelöst. Notenbanken erhöhen in rasantem Tempo die Zinsen. Jetzt sehen viele Volkswirte eine Rezession kommen.
„Es scheint so, als sei die Jagd eröffnet“
Kein Wunder also, dass es mit den Kursen für das gelbliche Metall nach oben geht? Der wichtige Terminkontrakt für eine Feinunze (31,1 Gramm) kostete am Tag vor Heiligabend an der New Yorker Rohstoffbörse (Comex) rund 1805 Dollar. Anfang November waren es noch 1630 Dollar gewesen. „Es scheint so, als sei die Jagd eröffnet“, schreibt Konstantin Oldenburger vom Finanzdienstleister CMC-Markets in einer aktuellen Analyse.
Bemerkenswert ist, dass nicht nur Privatleute zugreifen. Auch die Notenbanken horten Barren: Nach den Daten des World Gold Council kauften die Zentralbanker allein im dritten Quartal einen sagenhaften Goldschatz von 399 Tonnen zusammen. Vor allem von asiatischen Staaten sind Deals bekannt. Die Türkei erwarb allein 31 Tonnen. Nach Usbekistan gingen 26 Tonnen und nach Indien 17 Tonnen. Damit verhalten sich die Manager der Geldpolitik ähnlich wie viele ganz normale Bürger. Sie sichern ihre Reserven, indem sie diversifiziert anlegen. Im Gegensatz zu den ansonsten bei Zentralbankern so beliebten Staatsanleihen ist beim Gold das Ausfallrisiko gleich null. Es gilt langfristig als sicher gegen Inflation.
Anleger sollten langfristig denken
Darauf macht auch Thorsten Polleit, Chefvolkswirt bei Degussa Sonne/Mond Goldhandel, in seinem aktuellen Marktreport aufmerksam. Von 2019 bis Ende 2022 habe Gold um 23 Prozent zugelegt. „Es hat sich besser entwickelt als die US-Konsumgüterpreisinflation und auch besser als die US-Staatsanleihe.“ So gesehen habe das Edelmetall seinen Besitzer gegen Kaufkraftverlust geschützt. Aber Polleit räumt auch ein: „Wer Gold kauft, sollte langfristig, nicht kurzfristig denken.“ Betrachtet man nur dieses Jahr, bleibt der seltene Stoff, der Menschen seit Tausenden von Jahren fasziniert, deutlich hinter der Inflation zurück. Anfang des Jahres notierte die Feinunze an der Comex noch bei 1828 Dollar. Das heißt: Es ist sogar ein leichter Verlust zu beklagen, während die Inflation in den USA zeitweise um mehr als 8 Prozent in die Höhe ging. In der Euro-Zone wurde im Herbst sogar die 10-Prozent-Marke überschritten.
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„Das Erstaunliche war, dass trotz höchster Inflationsraten seit über 30 Jahren die Edelmetallpreise davon nicht profitieren konnten“, so Oldenburger. Der Krieg in der Ukraine und die geopolitischen Verwerfungen hätten den Edelmetallen nicht geholfen, „sich ihre Namen als Krisenwährung zu verdienen“. Er führt das vor allem auf ein „schlechtes Sentiment“ zurück. Er meint damit, dass die Stimmung der Anleger lange dem Motto folgte: Finger weg vom Gold. Womöglich auch, weil viele Indikatoren für die wirtschaftliche Entwicklung in den Industriestaaten im ersten Halbjahr noch günstig aussahen.
Entsprechend habe es auch bei Investmentfonds, die auf Edelmetalle spezialisiert sind, über einen langen Zeitraum Netto-Abflüsse gegeben: Es wurde mehr verkauft als gekauft. „Mittlerweile hat sich der Sachverhalt verändert und der Markt verzeichnet die ersten Nettozuflüsse seit langer Zeit“, so der CMC-Analyst. Ein Faktor dafür könnte sein, dass die Inflation in ihrer vollen Wucht erst im späten Herbst erkennbar wurde. Auch sprach sich damals erstmals herum, dass die Zentralbanken tonnenweise das seltene Metall bunkern.
Russland und auch G7-Staaten horten die Barren
Wer da alles mitmacht, ist weitgehend unbekannt. Laut Oldenburger zählen diesmal auch die G7-Länder zu den Käufern. Viele Finanzprofis sind davon überzeugt, dass sich vor allem die Bank von Russland einen großen Teil der immensen heimischen Goldproduktion in ihre Tresore gelegt hat. Das Gold kann benutzt werden, um es gegen wichtige Güter etwa aus China oder Nachbarstaaten wie Usbekistan oder der Türkei einzutauschen.
Zweistellige Inflation und Rezession befürchtet
Die Energiekrise belastet Verbraucher und Unternehmen. Die Bundesbank sieht inzwischen wachsende Anzeichen für eine Rezession in Deutschland.
© Quelle: dpa
Zur Trendwende könnte indes auch die aufziehende Rezession in vielen westlichen Staaten beitragen haben. So argumentiert denn auch das World Gold Council in seiner Prognose für 2023: „Eine leichte Rezession und schwächere Erträge sind historisch gesehen positiv für Gold.“ Eine weitere Abschwächung des Dollar und „geopolitische Unruhen“ könnten einen ähnlichen Effekt haben. Auch für Degussa-Chefvolkswirt Polleit hat der Goldpreis „noch erhebliches Preissteigerungspotenzial“. Im Fokus stünden dabei die Inflation und das Verhalten der Notenbanken: Er hält die Wahrscheinlichkeit für groß, „dass Zentralbanken das Ziel, Wachstum und Beschäftigung um nahezu jeden Preis zu erhalten, dem Ziel niedriger Inflation vorziehen“.
Als Gegenthese spielt das World Gold Council in seinem Report durch, was passiert, wenn die Teuerung doch wieder schnell zurückgeht: „Alles in allem dürfte eine niedrigere Inflation dazu führen, dass das Interesse an Gold unter dem Gesichtspunkt der Inflationsabsicherung möglicherweise abnimmt.“