Bauen und Kaufen

Hohe Zinsen und Warnrufe aus der Branche: Harte Zeiten für den Bau

Ein Bauarbeiter beim Bau eines Mehrfamilienhauses. Ein Branchenbündnis warnt nun vor einer Talfahrt im Neubau.

Ein Bauarbeiter beim Bau eines Mehrfamilienhauses. Ein Branchenbündnis warnt nun vor einer Talfahrt im Neubau.

Wer jetzt ein Haus kaufen will und dafür einen Kredit aufnimmt, muss wieder mit höheren Zinsen rechnen. Nach einer kurzen Erholung zum Jahresanfang sind die Zinsen für ein Baudarlehen mit einer Laufzeit von zehn Jahren auf mehr als vier Prozent geklettert. Das zeigen Daten der Frankfurter FMH-Finanzberatung und des Kreditvermittlers Interhyp. Die 4-Prozent-Marke war bereits im Oktober geknackt worden, im Januar waren die Zinsen auf gut 3,5 Prozent gesunken.

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„Wir erwarten für das laufende Jahr stark schwankende Zinsen in einem Korridor zwischen drei und vier Prozent, kurzzeitig auch darüber, so wie es gerade der Fall ist“, sagte Mirjam Mohr, Privatkundengeschäft-Vorständin bei Interhyp. Die FMH-Finanzberatung hält aber auch noch höhere Sprünge für das Jahr 2023 für möglich: Fünf Prozent bis Jahresende seien keine Schwarzmalerei, sondern eine realistische Prognose, sagte Gründer Max Herbst.

EZB-Sitzung steht bevor – Zinsschritt erwartet

Mit Spannung wird deshalb auch die kommende Sitzung des EZB-Rats am Donnerstag erwartet. Dann könnte Präsidentin Christine Lagarde im Kampf gegen die hohen Inflationsraten den nächsten Zinsschritt verkünden und den Leitzins abermals um 0,5 Prozent anheben, womit derzeit gerechnet wird.

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Viele potenzielle Immobilienkäufer sind verunsichert. Jetzt also noch schnell handeln, bevor die Bauzinsen weiter steigen? Ganz so einfach ist es nicht. „Die Finanzmärkte sind gerade sehr nervös, die Entwicklung der langfristigen Zinsen ist schwer einzuschätzen“, sagt Immobilienökonom Michael Voigtländer dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Sinke die Inflation, könnten die Zinsen auch wieder fallen, aber möglicherweise seien auch stärkere Eingriffe der Zentralbanken notwendig. Auch die Krise um die Silicon Valley Bank erhöhe derzeit die Unsicherheit, so der Experte.

„Käufer sollten daher den Markt genau beobachten, es könnte deutlichere Schwankungen der Konditionen geben“, empfiehlt er. Ob abwarten aber generell die richtige Strategie sei, bleibe unsicher. Denn auch ein Zinsanstieg, sogar Richtung fünf Prozent, sei im Laufe des Jahres möglich – wenn auch nicht sehr wahrscheinlich. „Wichtig ist es daher vor allem, Konditionen intensiv zu vergleichen“, so Voigtländer.

Finanzierung des Eigenheims wird schwieriger

Steigen die Kredite, wird die Finanzierung des Eigenheims für viele Menschen deutlich schwieriger. Profitieren können allerdings die Menschen, die viel Eigenkapital mitbringen. Denn die gestiegenen Zinsen setzen etwas in Gang, das manchen Immobilienkäufern helfen kann: Weil die Finanzierung für viele Menschen teurer wird, halten diese sich eher zurück. Die Nachfrage sinkt – und die Immobilienpreise können nachgeben.

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Die Zurückhaltung der potenziellen Käuferinnen und Käufer spürt man allerdings auch im Geschäft mit Baufinanzierungen. Laut der Deutschen Bundesbank lag im Januar 2022 das Neugeschäft mit Hypothekendarlehen inklusive Verlängerungen bei 12,7 Milliarden Euro und damit nur noch halb so hoch wie im Januar 2021.

Branchenbündnis warnt vor Talfahrt im Neubau

Die hohen Bauzinsen machen aber nicht nur den Erwerb oder Bau von Eigenheimen schwierig, sondern setzen auch der Baubranche zu. Hinzu kommen die gestiegenen Baukosten im Zuge der Inflation, der unterbrochenen Lieferketten und der hohen Energiepreise. Auf Deutschlands Baustellen kriselt es deshalb schon länger – und die Warnrufe werden lauter.

Am Dienstag warnte ein Branchenbündnis, dem neben der Bau- und Immobilienwirtschaft auch der Mieterbund oder die Gewerkschaft IG BAU angehören, in einem gemeinsamen Schreiben vor einer „Talfahrt im Neubau“. Die Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“, der 30 Akteure der Branche angehören, skizziert darin einen 6-Punkte Notplan, der sich an Bund und Länder richtet und den Wohnungsbau ankurbeln soll.

ARCHIV - 25.03.2020, Hamburg: Die Kräne verschiedener Baustellen in der Hafencity zeichnen sich im Sonnenuntergang ab. Wie sich die Finanzen von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung im ersten Halbjahr 2022 entwickelt haben, gibt das Statistische Bundesamt am Donnerstag bekannt. (zu dpa «Statistiker geben Daten zu Staatshaushalt und Konjunktur bekannt») Foto: Christian Charisius/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Das Ende des Baubooms: Wo sollen nur 400.000 neue Wohnungen herkommen?

Der Bau rutscht in die Krise: Inflation, fehlende Baustoffe und Zinswende machen der Branche zu schaffen. Immer mehr Fachleute warnen vor einem Absturz. Schon in ihrem ersten Amtsjahr steckt die neue Bauministerin Klara Geywitz in ihrer größten Bewährungsprobe.

Beispielsweise fordert das Bündnis eine neue und attraktivere Förderkulisse für den Neubau. Die bisher bereitgestellte Summe von 1,1 Milliarden Euro sei nicht genug und müsse auf „mindestens“ zehn Milliarden Euro pro Jahr erhöht „und um eine Sozialkomponente für bezahlbare Neubaumieten ergänzt werden“, heißt es. Zudem kritisiert das Bündnis das „zu komplizierte Baurecht“. Die Prozesse müssten deutlich schlanker und schneller werden – etwa durch mehr Personal in den Behörden oder digitalisierte Verfahren.

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Bauindustrie: Auftragseingang ist ins Bodenlose gesunken

„Die toxische Mischung aus steigenden Zinsen, stark zulegenden Material- und Baupreisen, minimaler Neubauförderung und sinkenden verfügbaren Einkommen hat den Wohnungsneubau abgewürgt“, sagt Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie. Dass Erreichen der Neubauziele – 400.000 Wohnungen jährlich und vor allem ausreichend bezahlbaren Wohnraum schaffen – seien so für lange Zeit nicht möglich. „Mit diesen Erschwernissen werden gerade kommunale und genossenschaftliche Wohnungsbaugesellschaften nicht in der Lage sein, investieren zu können“, warnte Müller. Der Auftragseingang im Wohnungsbau sei schon jetzt „ins Bodenlose“ gesunken.


Die Baukosten steigen so schnell wie seit mehr als 50 Jahren nicht. Die Preise für Bauleistungen legten innerhalb eines Jahres um 17,6 Prozent zu.

Die hohen Zinsen und gestiegenen Baukosten setzen dem Hausbau zu

In erster Linie sei nun eine ausreichende und verlässliche Förderkulisse notwendig. Außerdem müssten die Bauprozesse optimiert und die Produktivität gesteigert werden – beispielsweise durch serielles und modulares Bauen. Hier müsse die Politik ansetzen und die Rahmenbedingungen setzen – etwa durch die Harmonisierung der 16 unterschiedlichen Landesbauordnungen.

Rufe nach neuer Förderkulisse

„Um mehr klimagerechten und nachhaltigen Wohnraum unter den aktuell unsicheren Rahmenbedingungen zu schaffen, benötigen wir daher eine verlässliche, kalkulierbare Förderkulisse auch im Neubau, und zwar für Bauherren ebenso wie für die ausführenden Unternehmen“, sagte Erwin Taglieber, Präsident des Deutschen Holzwirtschaftsrates (DHWR). Um etwa das Potenzial des „umwelt- und klimafreundlichen Baustoffes Holz endlich besser zu erschließen“, bedürfe es einer deutlichen Entschlackung des Baurechts.

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Mit dpa-Material

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