Die EZB muss jetzt handeln – bevor sich die Inflation verselbstständigt
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EZB-Hochhaus in Frankfurt am Main und Präsidentin Christine Lagarde.
© Quelle: dpa
Berlin. Es sind Zahlen wie aus einer anderen Zeit. 7,5 Prozent Inflation meldete das europäische Statistikamt am Freitag für die Euro-Zone. 7,4 Prozent hatte das Statistische Bundesamt tags zuvor für Deutschland vermeldet.
Die Teuerung hat ein Tempo erreicht, gegen das viele Menschen nicht mehr anverdienen können. Eine Gehaltserhöhung um 5 Prozent galt in den zurückliegenden Jahren als kräftig. Inzwischen käme sie einem Reallohnverlust gleich.
EZB unter Druck
Die galoppierenden Preise setzen die Europäische Zentralbank (EZB) massiv unter Druck. Zwar stimmt das Argument von EZB-Chefin Christine Lagarde nach wie vor, dass sie keine Ölbohrungen in den Boden treiben, keine Container um die Welt schicken und auch keine kriegerischen Auseinandersetzungen beenden kann, aber tatenlos zusehen, wie die Menschen in der Euro-Zone immer mehr an Kaufkraft verlieren, kann sie eben auch nicht mehr.
2 Prozent – so lautet das mittelfristige Inflationsziel, das die Währungshüter sich selbst gesetzt haben. Davon ist die EZB inzwischen meilenweit entfernt, und es deutet wenig darauf hin, dass sich die Lage von selbst beruhigt. Die überfällige und mehrfach angedeutete Zinswende muss nun kommen, und zwar schneller und entschlossener, als es der Zentralbank lieb ist.
Natürlich birgt auch ein solcher Schritt Risiken. Der Wirtschaftsmotor stottert ja auch so schon, teureres Geld gilt in einer solchen Lage als Gift. Und auch für die unter Corona- und Kriegsfolgen leidenden Staatshaushalte sind steigende Refinanzierungskosten ein Problem. Die Entwicklung einfach laufen zu lassen ist dennoch keine Option. Viel zu groß ist das Risiko, dass sich die Inflation verselbstständigt.
Es hätte in den zurückliegenden Jahren günstigere Zeitpunkte für die Zinswende gegeben. Die EZB ließ sie verstreichen. Nun hat sie die Wahl zwischen zwei wenig verlockenden Alternativen.