Die EZB bleibt eine Getriebene
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Das Gebäude der EZB in Frankfurt.
© Quelle: imago images/Jochen Tack
Wer die Lage der EZB beschreiben will, kommt seit Monaten ohne ein Wort nicht aus: Dilemma. Die Europäische Zentralbank steckt im Zielkonflikt zwischen Inflationsbekämpfung, Konjunkturstützung und Stabilität des Währungsraums. Die Inflation schreit förmlich nach drastischer Zinserhöhung, die drohende Rezession und das wankende Italien mahnen eher zur Vorsicht.
Der EZB-Rat hat in dieser Lage das Mindestmaß getan: Die Leitzinsen werden etwas schneller erhöht und die Risiken für finanzschwache Staaten mit einem neuen Krisenprogramm eingehegt. Daran ist nichts falsch, aber in beiden Fällen darf man bezweifeln, ob es genügen wird.
Später Richtungswechsel
Nachdem die EZB die Entwicklung lange falsch eingeschätzt hat, wird auch die Zinserhöhung um einen halben Prozentpunkt die Inflationserwartungen nur wenig dämpfen. Und ob das neue Kriseninstrument TPI seine Wirkung am Kapitalmarkt tut, muss sich erst noch zeigen. Es wäre gut, wenn allein seine Ankündigung reichen würde. Die tatsächliche Anwendung wäre nämlich voller politischer Tretminen.
So schafft die EZB auch mit den jüngsten Beschlüssen nicht das Gefühl aus der Welt, nur eine Getriebene zu sein. In der einen Richtung, bei der Lockerung der Geldpolitik, ging sie jahrelang mutig in die Vollen. Seit ein Richtungswechsel fällig war, zauderte sie und schien zeitweise geradezu von der Angst gelähmt, auf ungewohntem Terrain Schaden anzurichten. Was man allgemein eine Normalisierung der Geldpolitik nennt, ist in den Frankfurter Türmen das wahre Neuland.
Die EZB hat viel Glaubwürdigkeit eingebüßt und kann sie so schnell nicht zurückgewinnen. Das ist fatal, denn Glaubwürdigkeit macht mindestens die Hälfte ihrer Macht aus.
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