Branchenkonsolidierung

Ita-Übernahme: Wie die Lufthansa in Italien expandieren will

Ein Airbus A320 von Ita Airways steht auf der Startbahn des Flughafens Leonardo da Vinci in Rom. Die Lufthansa will bei der italienischen Fluggesellschaft Ita Airways einsteigen.

Ein Airbus A320 von Ita Airways steht auf der Startbahn des Flughafens Leonardo da Vinci in Rom. Die Lufthansa will bei der italienischen Fluggesellschaft Ita Airways einsteigen.

Frankfurt am Main. „Nel blu, dipinto di blu.“ Die Textzeile aus dem 50er-Jahre-Evergreen bedeutet so viel wie: „In Blau gemaltes Blau.“ Der Schlager mit dem Titel „Volare“ (Fliegen) hat das Zeug dazu, zum Soundtrack für die Übernahme der Ita Airways durch die Deutsche Lufthansa zu werden. Denn die italienische Marke soll erhalten bleiben und damit auch das satte Blau der Maschinen. Der Flughafen in der Hauptstadt Rom wird zu einem neuen Drehkreuz ausgebaut. Der Sitz der LH-Tochter in spe soll im Land, wo die Zitronen blühen, bleiben. Das sind nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland zentrale Bedingungen der neuen italienischen Regierung für einen Deal mit den Deutschen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Geplant ist eine Transaktion in zwei Schritten. Zunächst könnte die Lufthansa einen Anteil von 40 Prozent übernehmen – Fachleute erwarten, dass sie dafür 250 bis 300 Millionen Euro zahlen muss. Was ein günstiger Preis wäre. Für diese Summe ist in etwa ein einziger Passagierjet vom Typ Airbus A350 zu haben.

Allerdings käme auf die Lufthansa auch einiges an Aufgaben zu. Vor allem der Ausbau des römischen Flughafens, der nach Leonardo da Vinci benannt ist, zu einem internationalen Hub. Dafür müssen dort laut Experten nämlich mindestens 15 bis 20 Langstreckenflugzeuge stationiert werden. Und es muss ein Zubringerverkehr organisiert werden, um die großen Flieger vollzukriegen. Es gilt, eine Marketingmaschine anzuschmeißen, und die blauen Ita-Jets müssen in den LH-Flugplan integriert werden.

Unmögliches schaffen?

Der Aufbau des Drehkreuzes war schon in der Vergangenheit als eine zwingende Bedingung von der italienischen Seite kategorisiert worden. Analysten haben denn auch jüngst vor der schweren Aufgabe gewarnt. Die Fachleute des US-Investmenthauses Bernstein fragen sogar, ob die Lufthansa tatsächlich das „Unmögliche“ schaffen und eine Airline umkrempeln kann, die seit 75 Jahren zu kämpfen hat.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Am Mittwoch wurde ein noch unverbindliches Angebot beim Finanz- und Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti eingereicht. Der Politiker von der rechtsextremen Lega gilt als ein starker Befürworter eines LH-Einstiegs. Etwa bis zu der Zeit um Ostern herum könnte eine Einigung erzielt werden, heißt es. Wobei auch schon mit den 40 Prozent die LH-Manager offenbar die unternehmerische Kontrolle übernehmen wollen. Zudem will der Konzern mit der Regierung eine sogenannte Call Option vereinbaren. Das wäre ein Vertrag, bei dem die Deutschen das Recht, aber nicht die Pflicht hätten, zu einem bestimmten Zeitpunkt die übrigen 60 Prozent zu erwerben – ein Ausstieg wäre also noch möglich.

Bundesregierung kritisiert Boni-Pläne der Lufthansa
Eine Flagge der Fluggesellschaft Lufthansa flattert am Flughafen im Wind.

Die Fluggesellschaft will den Vorstand auch für Jahre mit Staatshilfe belohnen. Das Kanzleramt sieht darin einen Verstoß gegen getroffene Vereinbarungen.

Läuft aber alles nach Plan, könnte in zwei bis drei Jahren die Komplettübernahme unter Dach und Fach sein. Die LH würde damit neben der Schweiz, Österreich und Belgien in einem weiteren europäischen Land eine Tochter unter ihre Fittiche nehmen. Zahlreiche Details sind noch offen, doch die Kranichlinie ist der einzige Interessent, mit dem man spreche, teilte die Regierung in Rom mit.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Ita Airways ist der Nachfolger der legendären Alitalia, die nach zahlreichen Sanierungsversuchen Ende vorigen Jahres endlich aufgelöst wurde. Der italienische Staat übernahm unter anderem die Schulden. Und die damalige Regierung unter Mario Draghi gründete Ita als staatliche Nachfolge-Airline, allerdings mit der Absicht, Investoren anzulocken. Mit gerade noch 66 Maschinen gilt Ita auf Dauer als nicht lebensfähig, zumal bei inländischen und europäischen Flügen Ryanair und Easyjet in Italien sehr stark sind.

Mehrere Interessenten meldeten sich im Frühjahr, auch die Lufthansa war damals schon mit von der Partie – allerdings seinerzeit noch mit der schweizerisch-italienischen Reederei MSC. Das alles zerschlug sich. Neuer Schwung kam mit dem Regierungswechsel in die Angelegenheit. Neben Giorgetti soll auch für Ministerpräsidentin Giorgia Meloni die Lufthansa von vornherein der Favorit gewesen sein.

Ein neues Standbein in Südeuropa

Auf der anderen Seite ist Lufthansa-Chef Carsten Spohr – auch privat ein Italien-Fan – seit Jahren an einem Deal mit Ita/Alitalia interessiert. Das Land jenseits der Alpen ist ein enorm wichtiger Markt für Deutschlands größte Airline – insbesondere auf der Langstrecke. Spohr verweist gerne darauf, dass seine Flieger im vorigen Jahr aus den USA mehr Passagiere nach Italien als nach Deutschland befördert haben.

Mit einer Übernahme hätte Spohr die Chance, die Marktanteile auf dem italienischen Markt auszubauen und zugleich Rivalen fernzuhalten. Das ist für Spohr enorm wichtig. Denn: Wer in Italien stark ist, könnte der LH Fluggäste abluchsen, die derzeit über die Drehkreuze in München oder Zürich fliegen. Nach Einschätzung von Insidern hat ein zusätzlicher Hub in Rom zudem den Vorteil, dass sich die Lufthansa einerseits internationaler aufstellt, von Deutschland unabhängiger wird und dass mit Rom erstmals eine Basis in Südeuropa hinzukommt. Das könnte langfristig bedeuten, dass die Position im Flugverkehr nach Afrika gestärkt werden kann – hier werden in den nächsten zwei Jahrzehnten enorme Zuwachsraten erwartet.

Indes soll das Lufthansa-Management schon die nächste Übernahme ins Auge gefasst haben. Die portugiesische Fluggesellschaft Tap. Sie ist eine der letzten noch unabhängigen Unternehmen unter der einst großen Zahl von staatlichen Airlines.

Mehr aus Wirtschaft

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken