Land bekommt erste Wasserstofftankstelle
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Verkehrsminister Bernd Buchholz (2. v. li.), Landrat Wolfgang Buschmann und Flensburgs Oberbürgermeisterin Simone Lange eröffneten mit Vertretern der H2-Mobility die Tankstelle.
© Quelle: Harald Haase
Handewitt. Allein auf das Elektroauto als klimafreundlichen Antrieb könne man sich nicht verlassen, sagte der Minister bei der Eröffnung am Montag.
Gebaut hat die Tankstelle die H2-Mobility – ein Gemeinschaftsunternehmen von Daimler, Linde, Shell, OMV, Total und Air Liquide –, das die Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland ausbauen will.
71 Wasserstofftankstellen bundesweit
Bislang gibt es bundesweit 71 H2-Tankstellen. Die Zahl soll bis Ende des Jahres auf 100 Stück wachsen. Langfristig hat die H2-Mobility ein flächendeckendes Netz von mindestens 400 Stationen angepeilt.
Für die Errichtung der H2-Tankstelle ganz im Norden haben sich insbesondere die fast 60 Mitglieder des Flensburger Vereins Erneuerbare Energien und Speicher stark gemacht.
„Der ländliche Raum ist mitnichten abgehängt, sondern kann bei der notwendigen Verkehrswende mit modernen Technologien vorangehen“, so Wolfgang Buschmann, Landrat des Kreises Schleswig-Flensburg. Wasserstoff biete auch die Möglichkeit, Windstrom in die lokale Wertschöpfung zu überführen.
Zwei weitere Stationen im Norden geplant
Die neue Station nahe der A7-Ausfahrt Flensburg/Harrislee soll nicht die einzige im Land bleiben. Weitere Projekte in Westre (Kreis Nordfriesland) und in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) seien in Planung.
„In bin zuversichtlich, dass auch in Neumünster und am Hamburger Rand weitere Wasserstofftankstellen entstehen“, so Buchholz. Auch für einen Standort in Kiel oder der näheren Umgebung laufen nach Informationen unserer Zeitung derzeit Gespräche.
Nur 386 Wasserstoffautos fahren in Deutschland
Ohne weitere Tankstellen werde es auch keine größere Verbreitung von H2-Fahrzeugen geben, betont Jan-Nikolas Sontag vom Landesverband für Kfz-Gewerbe. Laut Kraftfahrtbundesamt in Flensburg sind gerade mal 386 Wasserstofffahrzeuge bundesweit zugelassen.
Dennoch sei Wasserstoff einer der Antriebsstoffe der Zukunft, die sich in einem Technologiemix durchsetzen dürften, glaubt Sontag. "In Japan und China wird bereits massiv auf diese Technologie gesetzt."
Tanken dauert drei Minuten
Wasserstoff-Autos haben eine Reichweite von 500 bis 700 Kilometern. Laut H2-Mobility sind sie innerhalb von drei Minuten betankt. Die neue Station in Handewitt hat Kapazitäten für rund 200 Kilogramm des Gases, das sei ausreichend, um bis zu 50 Fahrzeuge täglich abzufertigen.
Nach Verpuffung in Norwegen schlossen Tankstellen
Dass die Technologie nicht ganz ungefährlich ist, hat an Pfingsten eine Explosion an einer Wasserstofftankstelle in der Nähe von Oslo gezeigt. Noch ist unklar, wie es genau dazu gekommen ist. Eine vorläufige Untersuchung ergab, dass ein Leck in einem Hochdrucktank der Auslöser für die Verpuffung war. Der Betreiber Nel Hydrogen schloss nach dem Vorfall alle Stationen im Land.
Hier ist andere Technik verbaut
Auch in Deutschland wurden bis zur Klärung der Ursache vier Tankstellen, die mit Anlagen von Nel Hydrogen ausgestattet sind, vom Netz genommen, sagt Sybille Riepe, Sprecherin von H2-Mobility.
Das sei aber eine reine Vorsichtsmaßnahme gewesen, da hier andere Technik zum Einsatz komme als bei der betroffenen Tankstelle in Norwegen. In der Station in Handewitt ist Technik der deutschen Firma Linde verbaut. Sowohl der TÜV als auch die Feuerwehr seien in die Sicherheitsabnahme der neuen Station involviert gewesen.
„Das ist eine Technik, die natürlich einen Störfall haben kann, die aber nicht gefährlicher ist als andere“, so Buchholz. Wasserstoff wird in Tanks mit 700 bar Druck gefüllt. „Der hohe Druck ist kein Pappenstiel“, sagt der Minister. Er sei aber unter Kontrolle zu halten. Das zeige beispielsweise die Station in der hamburgischen Nachbarschaft, die schon sehr lange ohne Zwischenfälle funktioniere.
Welche Wasserstoff-Modelle gibt es schon?
In den Wasserstoff-Autos kommen Brennstoffzellen zum Einsatz, in die H2 geleitet wird. Dort reagiert der Wasserstoff mit Sauerstoff. Durch die chemische Reaktion entsteht Elektrizität, die den Motor antreibt. Es gibt bereits einige Auto-Modelle auf dem Markt, die sind allerdings noch ziemlich teuer. So kostet der Mirai von Toyota beispielsweise knapp 80000 Euro. Das erste Modell aus deutscher Serienproduktion – der GLV F-Cell von Mercedes – liegt bei etwa 70000 Euro. Kaufen kann man das Auto aber bislang nicht, sondern nur für 799 Euro im Monat leasen. Auch der Nexo von Hyundai liegt in dieser Preisklasse. Der Honda Clarity Fuel Cell ist bislang hier nicht lieferbar. Vorreiter bei der Infrastruktur sind die Japaner, die laut der jährlichen Auswertung von H2stations.org mit 96 öffentlichen Tankstellen weltweit Spitzenreiter sind. Deutschland hat demnach das zweitgrößte Netz vor den USA.