Mit Kampfpreisen auf den Weltmeeren: Amazon erobert die Logistikbranche
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Amazon setzt auf Logistik.
© Quelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS
Hannover. Amazon ist als globaler Internetgigant bekannt: Außerhalb Chinas betreibt der US-Konzern den größten Onlineshop, hostet den gewaltigen Cloud-Dienst AWS und streamt allerlei Serien und Filme bei seinem Video-on-Demand-Angebot Prime. Weniger bekannt ist, dass sich Amazon auch zum Logistikriesen mausert. Nun will sich das Unternehmen auch um Schiffstransporte kümmern – und verunsichert damit die Transporteure.
Mit dem neuen „Amazon Global Logistics“ (AGL) getauften Geschäftsfeld richtet sich Amazon laut „Handelsblatt“ an externe Händler auf dem Amazon Marktplatz. Schätzungen zufolge sind diese für zwei Drittel der Umsätze der Handelsplattform verantwortlich. Wollten sie etwa in Fernost gefertigte Waren in Deutschland verkaufen, mussten die Marktplatzhändler den Transport in die hiesigen Amazon-Lagerhäuser bislang selbst organisieren.
Seetransporte zu Kampfpreisen
Mit AGL soll sich das ändern: Wie das „Handelsblatt“ berichtet, stellt Amazon Importeuren künftig selbst gemietete Kapazitäten auf Containerschiffen zur Verfügung – zu Kampfpreisen, wie es heißt. Während bei AGL der Containertransport aus China nach Rotterdam etwa 7500 Euro koste, seien bei von Händlern beauftragten Logistikern zuletzt um die 15.000 Euro fällig geworden.
Vor allem für kleinere und mittlere Speditionen sind das keine guten Nachrichten: Bislang organisierten sie die Transporte, konnten angesichts niedriger Volumina Schiffskapazitäten aber oft nur kurzfristig zu hohen Preisen auf dem Spotmarkt buchen. Nun hat sich der milliardenschwere US-Konzern offenbar langfristige und günstige Kapazitäten gesichert. „Vor allem Speditionshäuser, die die Logistik für die internationale Konsumgüterbeschaffung organisiert haben, drohen Geschäft zu verlieren“, warnt Frank Huster, Geschäftsführer beim Logistikverband DSLV.
Die Angst vor Amazon wächst
Er betont, dass die Organisation von Containertransporten – gerade in Zeiten anfälliger Lieferketten – nicht trivial sei. Schließlich drohten ständig Umbuchungen, Verzollungsprobleme und Verspätungen. „Es bleibt abzuwarten, ob neue Marktteilnehmer solche individuellen Anforderungen werden erfüllen können“, sagt deshalb Huster.
Doch zugleich ist unter Logistikerinnen und Logistikern zuletzt die Angst vor Amazon und seinen Subunternehmern gewachsen: Den klassischen Paketdiensten machen die Amazon-Zustellerinnen und -Zusteller schon länger Konkurrenz. Im Januar kündigte Amazon außerdem an, die Gründung von für Amazon tätigen Lkw-Speditionen großzügig zu bezuschussen.
Prompt befürchtete der Logistikverband BLV-Pro, dass so reihenweise von Amazon abhängige Kleinstspeditionen entstehen könnten. „Für uns steht die Kontrolle des Marktes als Ansinnen von Amazon über dem gesamten Vorhaben“, heißt es bei dem von kleineren Spediteuren und Lkw-Fahrerinnen und -Fahrern 2021 gegründeten Verband.
„Amazon wird in der Logistik zu einem immer größeren Player mit immer mehr Beschäftigten – für die der Konzern bislang oft keine Verantwortung übernommen hat“, meint Piotr Mazurek, bei der DGB-Beratungsstelle „Faire Mobilität“ für Kurier- und Paketdienste zuständig. Den Gewerkschaften stößt schon seit Jahren übel auf, dass Amazon etwa bei Paketzustellern entgegen des Branchentrends massiv auf Subunternehmer mit teilweise problematischen Arbeitsbedingungen setzt. „Das ist eine sehr problematische Ausgangslage“, sagt Mazurek angesichts der nun wachsenden Bedeutung des US-Konzerns in der Logistik.