Öl von Putin: Biden gerät wegen Energieimport unter Druck
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Kein Geld für Russen-Öl: Amerikanische Flagge an einer Raffinerie in Wilmington, Kalifornien (Archivbild).
© Quelle: imago images/YAY Images
Washington. Für seine jüngste Ausarbeitung hat James Taylor, der Direktor der rechtslibertären US-Denkfabrik Heartland Institute, nur ein bisschen gegoogelt und seinen Taschenrechner angeschaltet. Umso eindrucksvoller ist das Ergebnis: „Biden schickt jeden Tag 74 Millionen Dollar nach Russland. Davon kann Moskau täglich 20 Kampfpanzer des Typs T-14 kaufen.“
Auf die Zahl ist Taylor gekommen, indem er ganz einfach die durchschnittlichen täglichen amerikanischen Ölimporte aus Russland 2021 mit dem aktuellen Preis des Rohstoffs multipliziert. Die Rechnung hat methodische Mängel, und die daraus abgeleitete Polemik gegen den Umstieg auf erneuerbaren Energien ist politisch durchsichtig.
Doch im Kern trifft Taylor einen neuralgischen Punkt, der immer mehr Politikerinnen und Politiker beider Parteien in Washington umtreibt: Mit jedem Kriegstag in der Ukraine wächst hier die Kritik daran, dass die Biden-Regierung den Energiesektor von Russland-Sanktionen ausgenommen hat.
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„Die Ölimporte aus Russland sind eine Gefahr für die nationale Sicherheit und helfen Putin, an der Macht zu bleiben“, kritisieren die moderate Republikanerin Lisa Murkowski und der rechte Demokrat Joe Manchin, die die Öl- und Kohlestaaten Alaska und West Virginia im Senat vertreten, in einem gemeinsamen Papier. „Jetzt ist der Moment, um parteiübergreifend zu sagen: Wir brauchen weder euer Öl noch euren Kaviar“, fordert der linke Senator Ed Markey, ein grüner Vorkämpfer gegen den Klimawandel.
Venezuela-Embargo hat die Ölnachfrage gesteigert
Noch hält die Biden-Regierung aus Furcht vor weiter steigenden Benzinpreisen dagegen. Dabei wären die wirtschaftlichen Folgen für die USA einigermaßen überschaubar: Obwohl die Importe von Öl und raffinierten Produkten aus Russland wegen der Venezuela-Sanktionen im vorigen Jahr um ein Fünftel auf 245 Millionen Barrel stiegen, machen sie nur etwa 8 Prozent aller US-Öleinfuhren aus. Gas aus Russland beziehen die USA gar nicht. Wesentlich dramatischer ist die Lage in Europa und in Deutschland, das rund 40 Prozent seines Öls und 55 Prozent des Gases in Russland einkauft.
Bislang konzentriert sich die Debatte in den USA vor allem auf einen amerikanischen Einfuhrstopp und nicht auf weltweite Sanktionen. Doch der politische Druck wird immer größer. „Ich bin absolut dafür“, fiel Nancy Pelosi, die einflussreiche Sprecherin des Repräsentantenhauses, am Donnerstag überraschend ihrem Parteifreund Joe Biden in den Rücken: „Verbietet alle russischen Ölimporte!“ Der republikanische Senator Lindsey Graham, der an einem entsprechenden Gesetzentwurf arbeitet, wirkte kurz sprachlos: „Was soll ich sagen?“, erwiderte er. „Sie hat recht.“
Republikaner setzen auf heimisches Fracking und Pipeline
Auf republikanischer Seite genießt der Einfuhrstopp breite Unterstützung. Die Forderung nach einem Russland-Boykott bei gleichzeitigem Hochfahren der eigenen Produktion war ein regelrechter Schlachtruf beim CPAC-Treffen der Parteirechten in der vorigen Woche.
Wenn Joe Biden zu schwach sei, solche Sanktionen zu verhängen, müsse er zurücktreten, forderte Kristi Noem, die Senatorin von South Dakota unter kräftigem Beifall. Bei den Demokraten ist das Stimmungsbild uneinheitlicher. Doch unterstützen Menschenrechtler, Klimaschützer und Lobbyisten der heimischen fossilen Energien aus völlig unterschiedlichen Gründen die Forderung.
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Das bringt Präsident Biden zunehmend in eine Zwickmühle: Seine Umfragewerte haben unter der Rekordinflation von 7,5 Prozent stark gelitten. Dabei drücken die seit seinem Amtsantritt um 50 Prozent gestiegenen Benzinpreise vor allem aufs Gemüt der Wähler. Auf keinen Fall will Biden deshalb weitere Preissprünge riskieren.
„Wir haben kein strategisches Interesse daran, das Ölangebot zu verkleinern“, stellt sich deshalb seine Sprecherin Jen Psaki seit Tagen den bohrenden Fragen nach Energiesanktionen entgegen. Außerdem, setzt sie hinzu, würden diese Europa schwer treffen: „Der Präsident möchte die Auswirkungen auf Putin maximieren und die Folgen für die USA und die Verbündeten minimieren.“
Doch für seine Zurückhaltung wird Biden von beiden Seiten kritisiert: „Wir können Europa nicht wegen seiner Abhängigkeit vom russischen Gas kritisieren, wenn wir selbst schmutziges Ölgeld nach Russland überweisen“, moniert der linke Senator Markey.
Die Republikaner attackieren die gesamte Klimapolitik des Präsidenten und fordern mehr Ölbohrungen in den USA samt Eröffnung der beerdigten Keystone XL-Pipeline aus Kanada: „Es macht keinen Sinn, dass wir unsere eigene Energieversorgung abschneiden und dafür Russland mit dem Kauf von Öl unterstützen“, wettert der republikanische Senator Rob Portman.