Ölmarkt: Experten erwarten neuen Nachfragerekord

Das Opec-Logo: Seit Russland und andere Ölförderländer mit der Opec kooperieren, hat das Kartell wieder große Macht.

Das Opec-Logo: Seit Russland und andere Ölförderländer mit der Opec kooperieren, hat das Kartell wieder große Macht.

Frankfurt. Es hört sich kurios an. Aber für Ölförderer ist die Omikron-Variante eine Art Hoffnungsträger, der höhere Einnahmen bringt. Auch viele Branchenkenner gehen mittlerweile davon aus, dass in diesem Jahr die Nachfrage nach Sprit, Kerosin und Heizöl einen neuen Höchstwert erreichen könnte. Das wäre keine gute Nachricht für Autofahrer, und die Inflation könnte dadurch angeheizt werden.

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Russlands Vizepremier Alexander Novak brachte es am Mittwoch gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur Tass auf den Punkt: Zwar gebe es wegen der Covid-Variante immer noch Unsicherheiten. Aber Analysen zeigten, dass trotz der hohen Fallzahlen die Hospitalisierungsraten ziemlich gering seien und die Nachfrage nach Öl nicht beeinflusst werde. Auch deshalb hat das Ölkartell Opec+, zu dem auch Russland gehört, beschlossen, die Förderung von Februar an zu erhöhen. Um 400.000 Fass (159 Liter) pro Tag.

Letzteres ist keine Überraschung. Viel wichtiger ist die Einschätzung über den überschaubaren Einfluss von Omikron auf auf den Ölmarkt. Und diese Interpretation wird von vielen Analysten geteilt.

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Zur Untermauerung wird darauf verwiesen, dass nach Erhebungen des American Petroleum Institute in der vorigen Woche die Lagerbestände an Rohöl deutlich zurückgegangen sind – ein sicherer Indikator für hohe Nachfrage, obwohl die Corona-Mutante sich in den USA extrem schnell verbreitet hat.

Damit entsteht eine neue Situation. Denn die Rohölpreise haben sich im vergangenen Jahr im Gleichklang zur Entwicklung der Pandemie bewegt. Die Notierungen gingen mit der Ausbreitung der Seuche nebst Lockdowns zunächst in den Keller. Mit den Lockerungen allenthalben und der sprunghaften Erholung der Weltwirtschaft verteuerte sich das Öl.

Deutlicher Preisschub im neuen Jahr

Bei der für Europa maßgeblichen Sorte Brent wurde ein Höhepunkt Ende Oktober mit 86,40 Dollar pro Fass erreicht. Danach wurde es turbulent, weil die Meldungen über Omikron sich überschlugen. Im neuen Jahr setzte eine Klettertour ein. Am Dienstag wurde erstmals seit gut sechs Wochen wieder die 80-Dollar-Marke erreicht. Am Mittwoch gab es bis zum späten Nachmittag mit mehr als 81 Euro noch mal einen deutlichen Schub.

Die Abkopplung von Covid hat dazu geführt, dass eine große Zahl der Experten nun erwartet, dass sich der Ölpreis zumindest auf dem aktuellen Niveau in den nächsten Monaten hält oder sogar merklich steigt. Am weitesten treiben es die Analysten der US-Großbank Goldman Sachs, die 100 Dollar pro Fass für 2022 erwarten. Als Hauptgrund wird eine wachsende Mobilität der Menschen angenommen.

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„Sie werden sehen, dass all die aufgestaute Reisenachfrage wirklich wieder zurückkommt“, sagte auch der Rohstoffexperte Philip Streible dem Nachrichtenportal Yahoo Finance. Dahinter steckt das Szenario, dass nach einer eher kurzen aber heftigen Omikron-Welle eine baldige Normalisierung eintritt, es mit den Reiseeinschränkungen spätestens mit Frühsommer vorbei ist und Verbraucher in großer Zahl mehrfach verschobene Urlaubstrips endlich nachholen.

Giovanni Staunovo von der Schweizer UBS-Bank geht ebenfalls von einer Erholung des weltweiten Flugverkehrs aus, was den Bedarf an Kerosin in die Höhe treiben würde. Als Bestätigung dafür lässt sich lesen, dass Ryanair für Dezember 9,5 Millionen Passagiere meldete, was die Aktie des Billigfliegers am Mittwoch deutlich steigen ließ.

Zweifel an Ausweitung der Ölförderung

Staunovo gehört auch zu den Rohstoffexperten, die für dieses Jahr eine Ölnachfrage erwarten, die über dem Niveau von vor Corona liegt. 1999 wurde mit einem Verbrauch von rund 99 Millionen Fass pro Tag der bisherige Nachfragehöhepunkt erreicht. Viele Expertinnen und Experten waren bislang der Ansicht, dass damit ein historischer Wert („Peak Demand“) erreicht wurde. Dass es also mit der Nachfrage nur noch nach unten geht.

Dem lag die Annahme zugrunde, dass der durch Corona bedingte Rückgang lückenlos abgelöst wird durch einen schrumpfenden Bedarf für Autos, da die Elektromobilität sich weiter ausbreitet. Einen extremen Nachfragedruck, wie er nun erwartet wird, hatte lange Zeit niemand auf der Rechnung.

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Schon kurzfristig könnte es beim Ölpreis heftigere Sprünge geben. So geht die Beratungsfirma Energy Aspects davon aus, dass es der Opec+ gar nicht gelingt, die Förderung im Februar um 400.000 Fass nach oben zu fahren, sondern nur um 250.000 Fass. Vor allem Russland und Libyen sollen größere Probleme mit ihrer Infrastruktur zum Pumpen und Transportieren des Rohöls haben.

Und die Strategen der Opec+ gehen davon aus, dass auch Ölstaaten, die nicht zum Kartell gehören, ihre Förderung kurzfristig nicht hochschrauben können. Was nicht nur die Spritpreise, sondern auch die Inflation nach oben treiben könnte. Erst kürzlich hatte die DZ Bank in einer Studie dargestellt, dass der fossile Rohstoff der maßgebliche Treiber ist für eine Teuerung, die es seit vielen Jahren nicht mehr gab.

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