Unter Konjunkturforschern schwindet selbst verhaltener Optimismus
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Hamburg: Containerbrücken am Terminal Burchardkai (CTB) der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA).
© Quelle: Christian Charisius/dpa
Bei der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland weicht der ursprüngliche Optimismus derzeit lauter werdenden Warnungen: Am Donnerstag korrigierte das Statistische Bundesamt seine Zahlen zur Wirtschaftsentwicklung nach unten, die Bundesrepublik hat zuletzt nun doch eine Rezession verzeichnet. Und auch immer mehr Konjunkturindikatoren springen in den roten Bereich.
Die Revision des Bundesamts kam überraschend, im April hatte die Wiesbadener Behörde noch null Prozent Wirtschaftswachstum zwischen Januar und März vermeldet. Doch wie so oft in wirtschaftlich turbulenten Zeiten brachten erst die endgültigen Zahlen Klarheit: Um 0,3 Prozent schrumpfte die Wirtschaftsleistung. Weil sie schon im Vorquartal abgenommen hatte, kann man nun von einer technischen Rezession sprechen.
Vor allem die hohe Inflation sorgte demnach für einen Einbruch beim Binnenkonsum, sowohl bei Nahrungsmitteln als auch bei Bekleidung und Schuhen sowie bei Einrichtungsgegenständen und Autos ließ die Nachfrage nach. „Wenn alles teurer wird, fangen die Menschen an zu sparen“, sagte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Erholt haben sich hingegen die Exporte, Ausfuhren „Made in Germany“ profitierten von besser funktionierenden Lieferketten. Wegen des milden Wetters stiegen auch die Bauinvestitionen, erklärte das Bundesamt weiter – ebenso wie Unternehmen verstärkt in Maschinen, Geräte und Fahrzeuge investierten.
Ifo-Geschäftsklima verschlechtert sich deutlich
Zugleich trüben sich derzeit die Zukunftsaussichten ein: Der am Mittwoch veröffentlichte Ifo-Geschäftsklimaindex wies ein deutliches Minus aus. Die Stimmung in Unternehmen war demnach zuletzt wieder so schlecht wie im März 2022, also kurz nach dem russischen Angriff auf die Ukraine.
„Die deutsche Wirtschaft blickt skeptisch auf den Sommer“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Das Wachstum wird auch im zweiten Quartal ein Ritt auf der Rasierklinge zwischen leichtem Wachstum und fortschreitender Rezession bleiben“, meint auch Ökonom Gitzel.
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Auch das IMK wird pessimistischer
Gewerkschaftsnahe Ökonominnen und Ökonomen zeigten sich am Donnerstag ebenfalls pessimistischer als zuletzt: Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) teilte am Donnerstag mit, in den kommenden Monaten mit 37,6 Prozent Wahrscheinlichkeit eine Rezession zu erwarten. Im April waren es noch 26 Prozent.
Der IMK-eigene Konjunkturindikator sprang deshalb von gelb-grün auf gelb-rot, obgleich eine Fortsetzung der Rezession immer noch das unwahrscheinlichere Szenario ist: Die neue Dreimonatsprognose stehe für „eine Fortsetzung des verhaltenen Wachstumskurses der deutschen Wirtschaft“, analysierte IMK-Konjunkturexperte Dr. Thomas Theobald.
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Joe Bidens letzte Dollar
Das X-Date naht: Nach dem Erreichen der Schuldengrenze können sich die USA in wenigen Tagen kein Geld mehr leihen. Der weltgrößten Volkswirtschaft droht die Zahlungsunfähigkeit mit katastrophalen ökonomischen und finanziellen Folgen für die ganze Welt. Kann der US-Präsident das Fiasko noch abwenden?
Die EZB sollte auf Zinserhöhungen verzichten
Aber auch Theobald sieht keine allzu großen Wachstumsimpulse, selbst der Außenhandel machte ihn nicht optimistisch. Nach dem Ende der Lockdowns in China zieht dort die Wirtschaft zwar wieder an. Anders als in vergangenen Aufschwungphasen stütze sich das aber weniger auf Investitionen, von denen beispielsweise deutsche Maschinenbauer früher oft profitiert hätten.
Insgesamt zeichnet sich schon länger ab, dass 2022 ein maues Jahr für die Wirtschaft wird, die meisten Prognosen liegen zwischen null und 0,4 Prozent Wirtschaftswachstum. Dabei macht sich zunehmend bemerkbar, dass die Europäische Zentralbank entschlossen die Inflation bekämpft, indem sie Zinsen erhöht. Die geldpolitische Straffung entfalte derzeit ihre volle Wirkung, was sich am Einbruch der Kreditnachfrage ablesen lasse, sagte Theobald – und betonte, weitere Zinsschritte seien nicht nötig.
Mit Material der DPA