Schaulaufen für die Wirtschaft – die Kanzlerkandidaten beim „Tag der Industrie“

Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) spricht beim Tag der deutschen Industrie des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Die dreitägige Veranstaltung findet dieses Jahr als hybride Konferenz statt.

Kanzlerkandidat Armin Laschet (CDU) spricht beim Tag der deutschen Industrie des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Die dreitägige Veranstaltung findet dieses Jahr als hybride Konferenz statt.

Berlin. Es kommt selten vor, dass Wirtschaftsvertreter sentimental werden. Am Dienstag aber findet der Präsident des Industrieverbandes BDI, Siegfried Russwurm, angesichts des nahen Endes der Kanzlerschaft Angela Merkels Abschiedsworte, die mit „warm“ nicht mal im Ansatz ausreichend beschrieben wären.

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Mit „Weitsicht, Zuversicht, Verbindlichkeit und langem Atem“ habe die Kanzlerin das Land durch zahlreiche Krisen geführt, schwärmte Russwurm. Sie habe „Größe in schwierigen Zeiten bewiesen“, das Vertrauen in Deutschland sei weltweit mit ihrem Namen verbunden. „Sie haben in vielerlei Hinsicht Maßstäbe gesetzt“, rühmt der Verbandsvertreter die Kanzlerin.

Es ist „Tag der Industrie“, und Merkel ist bei dem Branchentreffen in den vergangenen Jahren längst nicht immer mit dieser Herzlichkeit empfangen worden. Im Gegenteil: Nicht selten nutzten die Lobbyisten und Wirtschaftskapitäne die Gelegenheit, der Kanzlerin ins Stammbuch zu schreiben, was an ihrer Politik ihnen alles nicht gefällt.

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Im vergangenen Jahr revanchierte sich Merkel und schickte nur ein zweiminütiges Grußwort, was wiederum für Ärger in der Wirtschaft sorgte.

Merkel erinnert sich daran offenbar noch genau. Betont nüchtern dankt die per Video zugeschaltete Kanzlerin für die freundlichen Worte und weist milde lächelnd darauf hin, dass man ja „nicht immer und in jeder Frage“ einer Meinung gewesen sei. Aber das brächten die unterschiedlichen Funktionen wohl so mit sich, fügt sie lakonisch hinzu. Kein Blick zurück im Zorn.

Mit der Retrospektive will sich an diesem Tag ohnehin niemand lange aufhalten, viel verheißungsvoller erscheint der Blick in die Zukunft. „Es geht wieder los, die Pandemie verliert endlich ihren Schrecken“, sagt Russwurm.

Der Industrietag steht dafür sinnbildlich, er ist eine von drei Pilotveranstaltungen, mit denen das Land Berlin austestet, in welcher Form größere Events wieder möglich sein könnten.

Die Aussichten sind rosig. Um 8 Prozent könnte die Industrieproduktion in diesem Jahr zulegen, sagt Russwurm, bereits im letzten Quartal des Jahres könne man das Vorkrisenniveau wieder erreichen. Nachrichten von knappen Rohstoffen oder fehlenden Computerchips hält er für vorübergehende und lösbare Probleme.

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In der Klimaschutzpolitik aber wünscht sich die Wirtschaft mehr Planbarkeit. „Es reicht nicht, Klimaneutralität nur per Gesetz vorzuschreiben, die Politik muss auch dafür sorgen, dass sie erreicht wird“, appelliert Russwurm. Ehrgeizigere Ziele seien schnell aufgeschrieben, die Politik müsse aber endlich erklären, aus welchen Quellen die Energie künftig stammen solle, fordert der BDI-Präsident.

Es sind Fragen, die sich vor allem an die Frau und die beiden Männer richten, die sich um die Nachfolge Angela Merkels bewerben. Alle drei geben sich an diesem Tag die Ehre, es ist eine Art Schaulaufen der Kanzlerkandidaten bei der Wirtschaft.

Laschets Rede gefällt den Managern

Den Auftakt macht CDU-Chef Armin Laschet. Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen knüpft an sein Wahlprogramm an, das er erst am Vortag der Öffentlichkeit präsentiert hat. Deutschland brauche ein „Modernisierungsjahrzehnt“, sagt er. Das Land müsse schneller werden bei Digitalisierung und Infrastruktur, die Firmen bräuchten mehr Freiräume, um in den Klimaschutz investieren zu können. Das ist das, was die Manager an diesem Tag hören wollen.

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Als Kanzlerkandidat der SPD hat Olaf Scholz bei der Wirtschaft einen schwereren Stand. Heikle Themen wie die Vermögenssteuer vermeidet der Bundesfinanzminister bewusst. Stattdessen präsentiert sich Scholz als einer, der die Probleme anpacken will. „Ich will, dass die deutsche Industrie aus diesem Wandel nicht geschwächt hervorgeht – sondern gestärkt“, sagt er, es fallen Begriffe wie „Leadership“ und „Machen“.

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ist als Letzte an der Reihe. Sie erneuert ihr Angebot eines „Industriepaktes“, wonach der Staat die Zusatzkosten für klimaschonende Produktionsweisen tragen soll, bis diese sich rechnen „Wir werden es nur gemeinsam schaffen können“, sagt Baerbock. Auch sie wolle Planungssicherheit.

Dagegen hätte niemand der Zuhörerinnen und Zuhörer etwas, aber manch eine und einer ist doch skeptisch, wie stark die Grünen der Wirtschaft reinreden werden, wenn sie erst mal in Regierungsverantwortung sind.

Es ist im Grunde wie immer: Würde nur die Industrie wählen, hätte CDU-Mann Laschet wohl eine satte Mehrheit.

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