Schock nach Putins Angriff: Börsen auf Talfahrt – Wirtschaft in Turbulenzen
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Der Krieg in der Ukraine hat auch Auswirkungen auf den DAX (Symbolbild).
© Quelle: Arne Dedert/dpa
Frankfurt/Main. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat rund um den Globus für Schockwellen an den Kapitalmärkten gesorgt. Schon am Mittwoch sackten wichtige Börsenbarometer in den USA ab, auch in Asien rutschten die Kurse am Donnerstag kräftig nach unten. Seit Tagen sorgt die Eskalation in Ukraine für Nervosität an den Finanzmärkten, auch der deutsche Leitindex Dax war deutlich unter Druck geraten.
„Die schlimmsten Befürchtungen sind wahr geworden. Es herrscht Krieg in Europa“, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners am Donnerstag in Frankfurt. Weltweit rauschten Aktienkurse nach unten, viele Investoren flüchteten in Anlagen wie Gold und deutsche Staatsanleihen, die in Krisenzeiten als sicher gelten.
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Dax auf Talfahrt
Europaweit eröffneten die Börsen am Donnerstag mit großen Verlusten. Der deutsche Leitindex Dax sackte zum Handelsstart erstmals seit fast einem Jahr unter die Marke von 14.000 Punkten, erholte sich dann aber etwas. Im Sog des Ukraine-Konflikts war der Deutsche Aktienindex in den vergangenen sechs Börsentagen bereits um etwas mehr als fünf Prozent abgesackt. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 gab zum Handelsstart am Donnerstag um 4,29 Prozent auf 3802,86 Punkte nach, dämmte seine Verluste dann aber ebenfalls etwas ein.
Auch die Börsen in Asien reagierten mit kräftigen Verlusten auf die russische Invasion in der Ukraine. In Tokio ging der Leitindex Nikkei 225 mit einem Minus von 1,81 Prozent bei 25 970,82 Punkten aus dem Handel. Der CSI-300-Index mit den 300 wichtigsten Unternehmen vom chinesischen Festland büßte 2,03 Prozent auf 4529,32 Punkte.
Dow Jones bricht ein
Am Mittwoch sackte in den USA der Dow Jones Industrial mit knapp 33 085 Punkten auf das niedrigste Niveau seit April 2021. Der breit gefasste S&P 500 verlor 1,84 Prozent auf 4225,50 Punkte. Er sackte ebenso auf das niedrigste Niveau seit Juni 2021 ab wie der technologielastige Nasdaq 100, der am Ende sogar 2,60 Prozent auf 13 509,43 Zähler einbüßte.
Verluste bei asiatischen Börsen
Die asiatischen Börsen haben mit kräftigen Verlusten auf die Invasion der Ukraine durch Russland reagiert. „Mit den aktuellen Entwicklungen ist unser Negativ-Szenario, ein offener Krieg zwischen der Ukraine und Russland, eingetreten“, hieß es von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). „Wir gehen davon aus, dass die Realwirtschaft rund um den Globus spürbare Einbußen hinnehmen muss.“
In Tokio ging der Leitindex Nikkei 225 mit einem Minus von 1,81 Prozent bei 25 970,82 Punkten aus dem Handel. Der CSI-300-Index mit den 300 wichtigsten Unternehmen vom chinesischen Festland büßte 2,03 Prozent auf 4529,32 Punkte.
Für den Hang-Seng-Index in der chinesischen Sonderverwaltungsregion Hongkong ging es zuletzt um 3,6 Prozent auf 22 802,23 Punkte nach unten. In Australien schloss der S&P/ASX 200 2,98 Prozent tiefer mit 6990,63 Punkten.
Rückzug vom russischen Aktienmarkt
Vom russischen Aktienmarkt haben sich die Anleger weiter zurückgezogen. Der RTS-Index brach am Donnerstag um fast die Hälfte auf 612 Punkte ein. Binnen sechs Handelstagen summieren sich die Verluste nun auf rund 60 Prozent.
Allein am Mittwoch verloren die Aktien des Energieriesen Gazprom gut ein Viertel ihres Werts. Der Handel wurde nach zwischenzeitlicher Unterbrechung wie auch an der Börse in der zweitgrößten Stadt St. Petersburg wieder aufgenommen.
Anleger blicken vor allem auf neue Sanktionen des Westens gegen Russland. Die geplanten Schritte werden nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den Zugang russischer Banken zu den europäischen Finanzmärkten stoppen. Zudem sollen russische Vermögenswerte in der EU eingefroren werden, und wichtigen Sektoren der russischen Wirtschaft soll der Zugang zu Schlüsseltechnologien und Märkten verwehrt werden.
Die russische Notenbank griff unterdessen dem taumelnden Rubel unter die Arme. Nachdem die Landeswährung wegen des Angriffs auf die Ukraine am Morgen auf ein Rekordtief zum US-Dollar gefallen war, kündigte die Zentralbank Interventionen an.
Sorge um Rohstoffpreise
Eine Sorge an den Märkten: Weiter rasante Rohstoffpreise könnten die ohnehin hohe Teuerung noch anheizen. Die Ölpreise legten am Donnerstag kräftig zu. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete erstmals seit 2014 mehr als 100 Dollar.
Zuletzt zog der Brent-Preis um 4,50 Dollar oder 4,65 Prozent auf 101,34 Dollar an. Damit summiert sich das Plus beim Brent-Preis in diesem Jahr bereits auf rund 30 Prozent, nachdem sich der Kurs im vergangenen Jahr verdoppelt hatte.
Auch Kryptowährung betroffen
Auch Digitalwährungen wie Bitcoin haben am Donnerstag mit deutlichen Kursverlusten auf den Angriff Russlands auf die Ukraine reagiert. Am Morgen fiel der Kurs der ältesten und nach Marktwert größten Kryptowährung Bitcoin um rund acht Prozent auf unter 35 000 US-Dollar.
Die nach Marktwert zweitgrößte Internetdevise Ether gab um 12 Prozent auf rund 2300 Dollar nach. Andere Digitalwerte wie Cardano oder Dogecoin brachen noch stärker ein.
„Sicherer Hafen ist ein Mythos“
Kryptowährungen wie Bitcoin gelten unter Fachleuten als besonders riskante Anlagen, weshalb sie von der hohen Unsicherheit aufgrund des russischen Angriffs besonders betroffen sind. „Einmal mehr beweisen Kryptoassets, dass das Narrativ des vermeintlich sicheren Hafens ein Mythos ist“, kommentierte Experte Timo Emden von Emden Research.
Einige Kryptoanleger meinen, Digitalanlagen besäßen trotz hoher Kursschwankungen eine Schutzfunktion gegen besonders unsichere Zeiten, ähnlich wie Gold.
Wirtschaft in Turbulenzen
Die deutsche Wirtschaft stellt sich auf erhebliche Rückschläge ein. „Die wirtschaftlichen Folgen dieser Invasion sind noch nicht absehbar, sie sind aber ganz sicherlich schwerwiegend“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Peter Adrian, der Deutschen Presse-Agentur. Deutschlands exportorientierte Maschinenbauer rechnen damit, dass Strafmaßnahmen gegen Russland auch ihr Geschäft treffen werden. Der Präsident des Branchenverbandes VDMA, Karl Haeusgen, betonte zugleich: „Der VDMA unterstützt die Entscheidung, die Aggression hart zu sanktionieren.“
RND/dpa