Strahlende Zukunft? Das steckt hinter den Atomkraftträumen von Friedrich Merz

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz spricht auf einer Pressekonferenz nach einer CDU/CSU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz spricht auf einer Pressekonferenz nach einer CDU/CSU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz.

Berlin. Atomenergie ist in Frankreich dieser Tage ein Wahlkampfschlager: Bis zu 14 neue Reaktoren könnten in den nächsten Jahren entstehen, kündigte Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag an. In Deutschland ist die Zurückhaltung wesentlich größer – und wenn sich Politiker aus der Deckung wagen, geht es anders als in Frankreich um völlig neuartige Atomkraftwerke.

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Deren größter Befürworter ist CDU-Chef Friedrich Merz: Innerhalb der CDU will er sich „sehr ausführlich mit allen Fragen der Energiewirtschaft und Energieerzeugung beschäftigen“. Das betreffe Gaskraftwerke, Fusionsenergie und die neuesten Formen der Energieerzeugung aus Kernenergie, sagte er Anfang der Woche bei einem Treffen hochrangiger Unionspolitiker. Vor allem die seit Jahrzehnten experimentellen Thorium-Reaktoren sowie kleinere Reaktoren mit der neuartigen Dual-Fluid-Technologie haben es Merz angetan.

Hinter letzteren steckt das Start-up Dual Fluid Energy, gegründet von Forschern aus dem privaten Berliner Institut für Festkörper-Kernphysik. „Statt Brennstäbe nutzen wir zwei Flüssigkeiten: Im Reaktorkern wird flüssiger Brennstoff von flüssigem Blei als Kühlmittel umspült“, erklärte der Geschäftsführer des Start-ups, Götz Ruprecht, im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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Konkret funktioniert das so: Während klassische Kraftwerke Brennstäbe nutzen, werden in der neuen Technologie zwei Flüssigkeiten verwendet. Eine trägt den Brennstoff, die andere führt die Wärme ab. Der Reaktor arbeitet bei 1000 Grad Celsius. Das flüssige Blei bildet eine Art Bad, und darin stehen die Röhren, in denen sich die Brennstoffe bewegen. Das dadurch erhitzte Blei sorgt wiederum für den Dampf, mit dem Turbinen Strom erzeugen.

Technologie soll Endlagerungsproblem minimieren

In der Theorie minimiert die Dual-Fluid-Technologie das Problem der Atommüllendlagerung. So kann der entstehende Atommüll laut Ruprecht ebenfalls als Brennstoff dienen.

„Mit dem deutschen Atommüll könnten wir Deutschland mehrere Hundert Jahre lang voll mit Strom versorgen“, ergänzt der Kernphysiker, der an der Technischen Universität Berlin promoviert wurde. „Die Reststoffe wären insgesamt nach wenigen Hundert Jahren weniger schädlich als Natururan. Sie müssten nur noch einige Hundert Jahre lang gelagert werden.“ Hochradioaktive Abfälle, die aktuell anfallen, sinken in ihrer Radioaktivität erst nach 200.000 Jahren auf das Niveau von Natururan ab.

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Auch die Kernschmelze ist Ruprecht zufolge kein Risiko mehr, weil Brennstoff und Kühlmittel schon im Normalzustand bei 1000 Grad Celsius geschmolzen vorliegen. „Alle Materialen sind auf diese hohen Temperaturen ausgelegt“, sagt der Wissenschaftler. „Sollte sich der Brennstoff dennoch stärker erhitzen als vorgesehen, greifen einfache Sicherungssysteme, die auf Naturgesetzen beruhen und nicht ausgehebelt werden können.“ Sie bewirkten, dass der Brennstoff mit der Schwerkraft nach unten in spezielle Behälter ablaufe – die Kettenreaktion breche sofort ab.

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Technologie funktioniert nur auf dem Papier

Das Ganze klingt zu schön, um wahr zu sein, hat jedoch einen großen Haken: Die Technologie funktioniert nur auf dem Papier, erprobt wurde sie nie.

Für die Grünen sind Dual-Fluid-Reaktoren nicht mehr als „Science-Fiction-Träume“, wie Lisa Badum, Klimaexpertin der Grünen-Bundestagsfraktion, dem RND sagte. „Ich habe große Zweifel am alten Wein in neuen Schläuchen. Eine neue Generation kleiner Atomkraftwerke ist noch nirgends in Serie gegangen“, so die Abgeordnete.

Die Wiederverwendung von Atommüll sei bisher nicht möglich. Die neuen Technologien erinnerten an die „unendliche Geschichte der Kernfusion“, die bis jetzt ohne Ergebnis geblieben sei. „Sollten die Science-Fiction-Träume doch noch irgendwann wahr werden, wird das aber definitiv zu spät zur Lösung der Klimakrise sein“, so Badum.

Eine Umsetzung in Deutschland in naher Zukunft gilt als unwahrscheinlich. Zwar arbeitet Dual Fluid bereits an einem Prototyp, doch hierzulande stehen alle Zeichen auf Erneuerbare Energien. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wie auch Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) haben der Atomenergie bereits eine klare Absage erteilt. Die Ampel will stattdessen auf Wind- und Solarenergie sowie auf Gaskraftwerke als Übergangstechnologie setzen, um ihre Klimaziele zu erreichen.

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