Dauerstreik und Zwei-Klassen-Post

Warum auf Brief- und Paketkunden harte Zeiten zukommen

Bereits Anfang Februar beteiligten sich viele Beschäftigte der Post an Warnstreiks.

Bereits Anfang Februar beteiligten sich viele Beschäftigte der Post an Warnstreiks.

Berlin. Kunden und Kundinnen der Deutschen Post und ihrer Paket-Tochter DHL stehen ungemütliche Zeiten ins Haus. Zum einen rückt in der aktuellen Tarif­auseinandersetzung ein unbefristeter Streik immer näher, zum anderen treibt der Bonner Logistik­konzern seine Pläne zur Einführung von zwei Geschwindigkeiten beim Briefversand voran.

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Die Gewerkschaft Verdi begann am Montagmorgen in allen 16 Bundesländern mit der Urabstimmung über einen unbefristeten Arbeits­ausstand. Laut Angaben der Gewerkschaft arbeiten mehr als 100.000 Gewerkschafts­mitglieder im Postdienst. Damit es zu einem Dauerstreik kommt, müssten mehr als 75 Prozent von ihnen das Tarifangebot der Post ablehnen. Zuletzt hatten Post­beschäftigte im Jahr 2015 für unbegrenzte Zeit die Arbeit niedergelegt. Damals dauerte der Streik vier Wochen.

15 Prozent mehr Lohn bei einer Laufzeit von einem Jahr fordert die Gewerkschaft für die rund 160.000 Post­beschäftigten, für die der Tarif­vertrag gilt. Im Post-Tower hält man Gehalts­steigerungen in dieser Größenordnung für illusorisch. Das Unternehmen bietet einen zwei Jahre laufenden Tarifvertrag mit verschiedenen Komponenten an. Das Einstiegs­gehalt eines Paket­sortierers soll um rund 20 Prozent steigen, das eines Zustellers um 18 Prozent. Im Durchschnitt würden die Löhne laut Firmenangaben um 11,5 Prozent steigen – allerdings bezogen auf einen Zeitraum von zwei Jahren. Außerdem will die Post das Angebot des Bundes nutzen, den Beschäftigten eine steuerfreie Inflations­ausgleichs­prämie über insgesamt 3000 Euro zukommen zu lassen.

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Briefempfängern drohen Verzögerungen

Der Betriebschef der Brief- und Paketsparte, Thomas Schneider, sprach in der „Bild am Sonntag“ vom „besten Tarifangebot in der Geschichte des Unternehmens“. Verdi argumentiert dagegen mit den Kaufkraft­verlusten, die die Beschäftigten infolge der hohen Inflation erlitten hätten.

Sollte es zum Streik kommen, müssen sich Brief- und Paketkunden auf Verzögerungen einstellen, auch wenn die Post nach eigenem Bekunden an Notfallplänen arbeitet. Bereits in den vergangenen Wochen hatte es zeitlich befristete Warnstreiks gegeben, durch die sich der Versand von Millionen Briefen und Paketen verzögert hatte.

Wirtschaftlich steht die Post glänzend da. Für das vergangene Geschäftsjahr erwartet der Gelbe Riese einen Betriebs­gewinn von mehr als 8,4 Milliarden Euro. Verdient werden diese Gewinne vor allem von der weltweit tätigen Logistik­tochter DHL. Das traditionelle Brief- und Paketgeschäft in Deutschland hingegen ist deutlich weniger profitabel. Etwa 1,35 Milliarden Euro trug es zum Ergebnis bei.

Post-Manager denken bereits öffentlich darüber nach, bei einem aus ihrer Sicht zu hohen Tarifabschluss Standorte zu verkaufen oder mehr Aufträge an Fremdfirmen zu vergeben. Verdi-Vertreter haben solche Gedanken­spiele als „Einschüchterungs­versuch“ zurück­gewiesen.

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Künftig zwei Geschwindigkeiten?

Während eine Eskalation im Streit mit den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen droht, ist die Post bei einem anderen Konflikt­thema offenbar erfolgreicher. Das Unternehmen dringt seit Längerem auf ein neues Briefsystem, in dem es zwei verschiedene Zustell­geschwindigkeiten geben soll. Verbraucher sollen sich entscheiden können, ob ihre Sendung innerhalb eines Tages zugestellt werden muss oder ob der Brief mehr Zeit hat. Für die erste Variante würde ein höheres Porto fällig.

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Das Bundes­wirtschafts­ministerium hat inzwischen Unterstützung für die Pläne signalisiert und Vorschläge für Änderungen am 25 Jahre alten Postgesetz gemacht. Die für die Gestaltung der Postreform zuständige Staatssekretärin im Bundes­wirtschafts­ministerium, Franziska Brantner, hatte das aktuelle System in der „Süddeutschen Zeitung“ als „schlechteste aller Welten“ kritisiert. Kunden würden zwar davon ausgehen und dafür bezahlen, dass Briefe binnen eines Tages ankommen, das aber sei keineswegs garantiert, so die Grünen-Politikerin.

Das aktuelle Postgesetz schreibt lediglich vor, das mindestens 80 Prozent der Briefsendungen in Deutschland am folgenden Werktag ausgeliefert werden müssen. Derzeit transportiert die Post rund 38 Millionen Briefsendungen täglich. Die Zahl ist in den vergangenen 20 Jahren um mehr als ein Drittel gesunken.

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