Strommarktdesign: Vorsicht vor zu viel Reformeifer
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/OI37TG3MUZCTPEFROHPU5JCJQU.jpg)
Braunkohlekraftwerk Niederaußem der RWE Power AG: Betreiber verdienen sich dumm und dämlich.
© Quelle: imago stock&people
Berlin. Krisen, das liegt in ihrer Natur, zeigen Schwachstellen bestehender Systeme auf. Für politische Entscheidungsträger ist es verlockend, diese Schwachstellen schnell zu beseitigen – sei es zur Krisenbekämpfung oder um Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Im Idealfall gelingt beides. Allerdings ist es auf dem Höhepunkt von Krisen meist schwierig, jenen Abstand zu gewinnen, den es braucht, um bei der Problemlösung nicht über das Ziel hinauszuschießen.
Die Pläne von Robert Habeck und Ursula von der Leyen für eine Reform des Strommarktdesigns sind dafür ein Beispiel. Sicher – dass sich Betreiber von Braunkohlekraftwerken dumm und dämlich verdienen, während normale Menschen nicht wissen, wie sie ihre Rechnung bezahlen sollen, ist empörend. Die Förderkosten für Braunkohle haben sich im vergangenen Jahr kaum erhöht, der Preis an der Strombörse aber hat sich vervierfacht. Die Betreiber profitieren von den explodierenden Gaspreisen. Für Windanlagenbetreiber, die auf Direktvermarktung an der Börse setzten, gilt dasselbe.
Andererseits funktioniert so eben der Markt. Die hohen Preise würden und werden dazu führen, den Ausbau erneuerbarer Energien massiv zu beschleunigen – wenn man sie lässt. Und das ist ja das erklärte politische Ziel.
Bundesnetzagentur zeigt sich zufrieden mit Befüllung der Gasspeicher in Deutschland
Die Folgen der angekündigten Wartung der Gaspipeline Nord Stream 1 durch Russland lassen sich der Agentur zufolge noch nicht abschätzen.
© Quelle: Reuters
So verständlich es ist, dass Politik angesichts von Rekordgewinnen auf der einen und Existenzängsten auf der anderen Seite einen Ausgleich sucht, so sorgfältig sollte sie überlegen, wie die Bedingungen ausgestaltet werden müssen, damit sie auch in Nachkrisenzeiten funktionieren. Im Zweifel ist es klüger, Hilfsbedürftige mit Transfers zu unterstützen und die Systemfrage zu beantworten, wenn sich die Lage wieder beruhigt hat.