Von Coca-Cola bis Nestlé: Diese großen Marken erzielen in der Krise hohe Gewinne
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Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé verbuchte gute Gewinne im ersten Halbjahr – trotz Inflation und Krise.
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Die großen Konsumgüterkonzerne kommen bisher erstaunlich gut durch die Krise. Egal, ob Nestlé, Unilever, L’Oreal, Coca-Cola oder der Reinigungsmittelkonzern Reckitt – von inflationsbedingter Konsumflaute ist nirgends die Rede. Sie alle berichteten in den vergangenen Tagen von starkem Wachstum und guten Gewinnen im ersten Halbjahr. Bisher haben sie offenbar keine Probleme, ihre gestiegenen Kosten an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben – und manchmal auch mehr. „Zahlreiche Konzerne versuchen, auf der aktuellen Inflationswelle mit zu reiten“, sagte Edeka-Chef Markus Mosa dem „Manager Magazin“. Er beobachte „immer häufiger unfaire Industriepraktiken“.
Als Nestlé-Chef Mark Schneider am vergangenen Donnerstag vor Analysten die Zwischenbilanz seines Konzerns präsentierte, ging es eigentlich nur um eins: „Pricing“ – die für den Unternehmenserfolg optimale Preissetzung. Angesichts rapide steigender Transport- und Rohstoffkosten bedeutet das im Moment, die Preise deutlich zu erhöhen, ohne die Kundinnen und Kunden zur günstigeren Konkurrenz zu treiben. Mit bekannten Marken von Nespresso über San Pellegrino bis Kitkat scheint das dem Konzern zu gelingen: Trotz Preiserhöhungen von durchschnittlich 6,5 Prozent verkaufte Nestlé mehr Waren als ein Jahr zuvor.
Steigende Preise, steigender Umsatz
Expertinnen und Experten hatten die Halbjahresergebnisse mit gemischten Gefühlen erwartet. Dass zum Beispiel Öl- und Transportkonzerne die Gewinner der Inflation sein würden, war klar. Die typische Supermarktware könnte allerdings unter steigenden Kosten und sparsamerer Kundschaft doppelt leiden. Doch viele große Namen schnitten besser ab als vorausgesagt und haben ihre Prognosen erhöht. Trotz Inflation scheint die Kundschaft ihnen die Treue zu halten. Bei Nestlé stieg der Umsatz im ersten Halbjahr um 9 Prozent auf umgerechnet 46,7 Milliarden Euro. Der Gewinn ging zwar leicht zurück, erreichte aber immerhin 5,3 Milliarden Euro.
Bei anderen Konzernen ist das Bild ähnlich. Unilever machte mit Marken wie Langnese, Pfanni und Dove im zweiten Quartal 17 Prozent mehr Umsatz als ein Jahr zuvor. Den größten Teil machten dabei Preiserhöhungen aus, die auch einige Kundinnen und Kunden vertrieben. Aber obwohl die verkaufte Menge leicht schrumpfte, stieg der operative Gewinn um 4 Prozent auf 5 Milliarden Euro. Der Reckitt-Konzern mit Marken wie Calgon, Clearasil und Sagrotan konnte trotz deutlich erhöhter Preise den Absatz steigern. Beim französischen Kosmetikkonzern L‘Oreal kletterte der Umsatz im ersten Halbjahr um mehr als 20 Prozent und der Gewinn sogar um ein Drittel.
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Besonders groß sind die Sprünge in der Luxusklasse, wo es im Vorjahr allerdings auch Einbußen wegen Corona gegeben hatte. Die Luxusmarkenkonzerne LVMH (Louis Vuitton, Dior, TAG Heuer), Kering (Gucci) und Hermès steigerten ihre Gewinne im ersten Halbjahr um ein Drittel. Der Sportartikelkonzern Puma lag in der gleich Größenordnung und setzte seine Umsatzprognose für den Rest des Jahres herauf.
„Völlig überzogene Preisforderungen“
Nestlé-Chef Schneider bemüht sich demonstrativ um Balance zwischen den Interessen von Konsumentinnen und Konsumenten sowie Investorinnen und Investoren. Von „verantwortungsvollen“ Preiserhöhungen sprach er in seiner Präsentation. Anfang 2021 sei von Kostensteigerungen noch nichts zu sehen gewesen, „in der zweiten Hälfte hat es uns dann wie ein Güterzug getroffen“. Erst danach habe man an der Preisschraube gedreht. Trotzdem seien die verkauften Mengen weiter gewachsen. Die Gewinnmarge habe etwas gelitten. „Das reparieren wir jetzt“, sagte Schneider.
Nach Meinung ihrer Großkunden tun die Markenkonzerne allerdings mehr als das. Edeka-Chef Moser hat in den vergangenen Monaten immer wieder gegen Preisforderungen der Markenartikler gewettert. „Es werden nicht selten völlig überzogene Preiserhöhungen gefordert – oft ohne nachvollziehbaren Grund“, sagte er bereits im Juni. „Die unfairen Industriepraktiken führen dazu, dass Markenhersteller ihre Gewinnmargen nicht nur festigen, sondern diese sogar kontinuierlich ausgebaut haben.“ Ohnehin sind die Margen der Hersteller erheblich höher als die der Händler.
Rewe-Geschäftsführer Hans-Jürgen Moog sprach gegenüber dem „Handelsblatt“ jüngst von „fast schon scham- und konzeptlos anmutenden Forderungen“. Sein Unternehmen habe „bereits einen dreistelligen Millionenbetrag investiert, um die Preise zu stabilisieren“ – den Anstieg der Einkaufspreise also nicht voll an die Kundinnen und Kunden weitergegeben.
In den nächsten Lieferverhandlungen dürfte es damit noch etwas rauer zugehen als ohnehin üblich. Schon in der Vergangenheit kam es dabei immer wieder zu Machtproben, von denen die Konsumentinnen und Konsumenten durch freie Plätze im Supermarktregal erfahren: Dann wurde eine Marke ausgelistet, weil sich Händler und Hersteller nicht auf den Preis einigen konnten. Allerdings haben sich Händler selten dauerhaft von großen Marken verabschiedet. Nach einigen Wochen tauchen sie meist wieder auf.
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