Krisenfester Autokonzern

VW hofft jetzt wieder auf Wachstum in den USA – E‑Autos im Trend

Mit dem elektrischen ID Buzz will VW-Chef Herbert Diess in den USA an alte Erfolge anknüpfen.

Mit dem elektrischen ID Buzz will VW-Chef Herbert Diess in den USA an alte Erfolge anknüpfen.

Hannover. Trotz des Kriegs gegen die Ukraine verbreitet der VW-Konzern für dieses Jahr geschäftlichen Optimismus. Vor allem Wachstum in Nord‑ und Südamerika soll die Probleme in anderen Weltregionen ausgleichen, sagte Vorstandschef Herbert Diess bei der Vorlage der Bilanz für 2021. Deshalb soll auf den Rekordgewinn des vergangenen Jahres ein noch besseres Ergebnis 2022 folgen. „Unter normalen Umständen hätten wir jeden Grund, optimistisch auf 2022 zu schauen“, sagte Diess.

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Das größte Risiko bei dieser Prognose ist nicht mehr der Chipmangel, sondern die Versorgung mit Kabelbäumen. Wichtige Fabriken stehen in der Ukraine und können nicht mehr im vollen Umfang liefern. Seit dem russischen Angriff auf das Land suche man Alternativen, aber das brauche Zeit. „Wenn der Krieg andauert und die Lieferungen von Kabelbäumen länger ausfallen, müssten wir unsere Prognose korrigieren“, sagte Diess.

Die Kabelbäume vernetzen die gesamte Elektrik eines Autos und sind deshalb maßgeschneidert für jedes Fahrzeug – je nachdem, wie es ausgestattet ist. Die Herstellung erfordert viel Handarbeit, weshalb die Zulieferer in Niedriglohnländern Osteuropas und Nordafrikas produzieren.

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Drei bis vier Tage, bevor das jeweilige Auto hergestellt wird, bekommen sie die Bestellung für den dazugehörigen Kabelbaum und liefern dann direkt ans Band. In der Ukraine werde noch produziert, sagte Diess, aber nicht mit voller Kapazität. Entsprechend hat VW die Produktion in mehreren europäischen Fabriken gekürzt, in Amerika und Asien wird sie dafür erhöht.

Die Sanktionen gegen Russland treffen den Konzern noch nicht sehr stark, weil der russische Markt ohnehin seit Jahren in der Krise steckt. Die Hoffnungen richten sich im Moment auf Amerika, wo VW nach dem Dieselskandal einen weiteren Comebackversuch startet. In Nordamerika habe der Konzern erstmals seit Jahren wieder Gewinn gemacht, sagte Diess.

Gegengewicht zu China wird gesucht

Mit 375.000 verkauften Autos bewegt sich VW in den USA zwar immer noch in der Nische, nicht zuletzt durch Elektroautos wie den neuen ID Buzz soll sich das aber ändern. Als eine Art Wiedergutmachung nach dem Dieselskandal läuft dort ohnehin schon der Aufbau eines Ladenetzes für E‑Autos, auch den Bau einer Batteriezellenfabrik in Nordamerika deutete Diess an. Wachstum in den USA sei auch wichtig, um ein Gegengewicht zu China zu schaffen, dem mit Abstand wichtigsten Markt.

Wenn wir uns auf etablierte Demokratien beschränken würden, gäbe es kein existenzfähiges Geschäftsmodell für die Autoindustrie.

Herbert Diess,

VW-Vorstandschef

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Ernste politische Probleme in China, das Russland im Krieg gegen die Ukraine stützt, erwartet Diess aber nicht: „China ist sehr daran interessiert, die Grenzen offen zu halten.“ Gefragt nach Geschäften mit autoritären Staaten, verwies der VW-Chef auf die vergleichsweise geringe Zahl demokratischer Länder: „Wenn wir uns auf etablierte Demokratien beschränken würden, gäbe es kein existenzfähiges Geschäftsmodell für die Autoindustrie.“

Mehr Gewinn mit weniger Autos

Das vergangene Jahr prägten noch die Pandemiefolgen, vor allem durch Lieferprobleme bei Halbleitern. Wie der Konzern bereits in der vergangenen Woche mitgeteilt hatte, schrumpfte der Fahrzeugverkauf um weitere 4,5 Prozent auf 8,9 Millionen Autos – nicht wegen schwacher Nachfrage, sondern mangels Produktionsmöglichkeiten. Insgesamt seien 450.000 reine Elektroautos verkauft worden, knapp doppelt so viele wie im Vorjahr.

Mit den knappen Teilen werden vorzugsweise die teuren Autos bestückt, sodass der Umsatz trotz der kleineren Stückzahlen um 12 Prozent auf 250 Milliarden Euro gestiegen ist und damit Vor-Corona-Niveau erreicht hat. Der Nettogewinn sprang auf die Rekordhöhe von 15,4 Milliarden Euro.

Nachholbedarf bei der Dividende

Die drei Jahre lang unveränderte Dividende soll auf 7,50 Euro pro Stamm‑ und 7,56 Euro pro Vorzugsaktie erhöht werden. Die wichtigsten Gewinnbringer waren erneut Porsche, Audi und die Finanzierungstochter VW Financial Services, die auch dank der gestiegenen Gebrauchtwagenpreise einen Gewinnsprung verbuchte.

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Gleichzeitig treibt Diess den Umbau des Konzerns voran. Zu den wichtigsten Projekten gehört aktuell der Aufbau einer eigenen Batteriezellproduktion für Elektroautos. Der Konzern will zusammen mit Partnern sechs Zellfabriken allein in Europa bauen.

Drei Standorte in Salzgitter, Schweden und Spanien sind bereits festgelegt, ein vierter in Osteuropa ist offenbar in der engeren Auswahl. Insgesamt bedeute das Investitionen von rund 30 Milliarden Euro, sagte Finanzvorstand Arno Antlitz. Zur Finanzierung sei auch ein Börsengang des Batteriegeschäfts denkbar, das ein eigenes Unternehmen im Konzern ist.

Mit 20 Prozent beteiligt sich Volkswagen am schwedischen Batteriehersteller Northvolt.

Die Batteriepakete seiner Autos will VW künftig mit einer Einheitszelle bestücken.

Unabhängig von diesen Plänen hat einer von VWs Partnern im Batteriegeschäft, das schwedische Start-up Northvolt, den Bau einer weiteren Zellfabrik in Deutschland angekündigt. In Heide an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste wollen die Schweden eine Produktion mit Recyclinganlage bauen und so 3000 Arbeitsplätze schaffen. Akkus mit einer Gesamtkapazität von 60 Gigawattstunden sollen dort jedes Jahr gebaut werden. Damit lässt sich rund eine Million Autos bestücken.

Northvolt-Mitgründer Peter Carlsson begründete die Standortwahl mit dem Zugang zu Windkraft: „Die Region beherbergt das sauberste Energienetz Deutschlands, das sich durch einen Überschuss an Strom aus On‑ und Offshore-Windkraft auszeichnet und durch saubere Energie, die über Netzkopplungen mit Dänemark und Norwegen bereitgestellt wird, verstärkt wird“, heißt es in einer Mitteilung.

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