Schwerstes Erdbeben im November 1911

Erdbeben in Deutschland: So hoch ist das Risiko in Ihrer Region

Die Erdbebengefahr ist in Deutschland nicht überall gleich groß.

Die Erdbebengefahr ist in Deutschland nicht überall gleich groß.

Die Gefahr kommt in der Nacht, unerwartet und plötzlich. Es ist Montag, kurz vor halb fünf, als in und um Gaziantep die Erde zu beben beginnt. Mehrere Häuser stürzen in der türkischen Stadt ein, Bewohnerinnen und Bewohner flüchten auf die Straßen. Auch im Norden Syriens und im Libanon ist das Beben zu spüren, auch dort sorgt es für Verwüstungen. Drei Tage später suchen Einsatzkräfte noch immer nach Vermissten und Verschütteten. Mehr als 16.000 Menschen sind Stand Donnerstagvormittag dem stärksten Beben nach fast 1000 Jahren in dieser Region bereits zum Opfer gefallen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Katastrophenbilder aus den Ländern stimmen nachdenklich. Kann so etwas auch in Deutschland passieren?

Erdbeben in Deutschland sind keine große Gefahr

Deutlich fühlbare und schadenverursachende Erdbeben sind hierzulande seltene Naturphänomene. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) stuft die Gefahr für starke Beben in Deutschland als „gering bis mittel“ ein. „Wir sind nicht besonders gefährdet“, macht auch Gottfried Grünthal vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ deutlich. „Aber es gibt natürlich eine Gefährdung, wenn sie auch relativ gering ist.“

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Klima-Check

Erhalten Sie die wichtigsten News und Hintergründe rund um den Klimawandel – jeden Freitag neu.

Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.

Eines der stärksten Erdbeben ereignete sich am 16. November 1911 im heutigen Albstadt südlich von Tübingen. 6250 Gebäude wurden beschädigt, ein Schaden von 0,75 Millionen Reichsmark entstand. Die Momentmagnitude, die beschreibt, wie viel Energie bei einem Beben freigesetzt wird, betrug damals 5,7. Zum Vergleich: Bei dem Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet lag sie bei 7,8. Die Magnituden-Skalen sind logarithmisch: Jede Stufe nach oben entspricht einer 32-fach höheren Energiefreisetzung. Das bedeutet, ein Erdbeben der Stärke 7,8 setzt etwa 1000-mal mehr Energie frei als eines der Stärke 5,8.

Das sind die Erdbebenrisikogebiete in Deutschland

Zu Erdbeben wie in Albstadt kommt es in Deutschland im langjährigen Durchschnitt alle hundert Jahre. Es handele sich bei diesen Angaben wohlgemerkt um Mittelwerte, stellt Grünthal klar. Erdbeben seien „Zufallsprozesse“, das heißt: „Ein derart starkes Erdbeben kann schon morgen auftreten, oder eben viel später.“ Doch weil Schadensbeben so selten vorkommen, „verlieren sie sich schnell aus dem Bewusstsein der Menschen“.

Es gibt jedoch Risikogebiete in Deutschland. Dort sei die Wahrscheinlichkeit für starke Beben nicht zu unterschätzen, heißt es vom BBK. Nach Angaben der Behörde liegen die Erdbebenherde in der Kölner Bucht, südlich von Tübingen in der Schwäbischen Alb, im südlichen Rheingraben sowie in der Umgebung von Gera. Die Erdbebengefahr in Deutschland ist also nicht überall gleich groß. Ein Überblick:

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der Norden

Der Norden Deutschlands gehört nicht zu den gefährlichen Erdbebenzonen. Die Erdbebenaktivität in Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist gering. Nur selten treten hier Erdbeben mit natürlichen Ursachen auf und wenn haben sie eine moderate Stärke. Nachweise von Schadensbeben in historischer Zeit gibt es nicht.

Der Osten

In den östlichen Bundesländern Deutschlands ist die Erdbebenaktivität etwas höher als im Norden. Dort gibt es im Grenzbereich zwischen Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt einen Erdbebenherd: das Vogtländische Schwarmbebengebiet. Sowohl schwache, nicht fühlbare als auch schwache, fühlbare Beben seien in diesem Gebiet in der Vergangenheit messbar gewesen, erklärt das thüringische Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz. Auch zu Gebäudeschäden sei es dabei vereinzelt gekommen, heißt es vom Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt. Berlin und Brandenburg gehören dagegen nicht zu den Erdbeben gefährdeten Regionen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Der Süden

Im Süden des Landes ist die Erdbebengefahr deutschlandweit am größten. In Bayern treten nach Angaben des Landesamts für Umwelt jedes Jahr Hunderte kleine, schwächere Beben auf, vor allem in bestimmten Gebieten wie rundum Ingolstadt. „Ein deutliches Zeichen, dass auch bei uns die Erde lebt“, schreibt die Behörde auf ihrer Internetseite.

Noch mehr mit Erdbeben zu tun hat Baden-Württemberg. In großen Teilen des Bundeslandes bestehe ein „relativ hohes Risiko“, dass Beben auftreten, die Gebäude beschädigen oder sogar zum Einsturz bringen können, erklärt das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen. Die am stärksten betroffenen Gebiete seien in der Schwäbischen Alb und in der Gegend von Lörrach. Aber auch außerhalb dieses Erdbebenherdes ist das Risiko so hoch, dass für den Bau von Häusern besondere Bauvorschriften gelten.

Erdbebenkatastrophe: Baerbock sagt Türkei und Syrien schnelle Hilfe zu
07.02.2023, Berlin: Annalena Baerbock (Bündnis90/Die Grünen), Bundesaußenministerin, spricht bei einer Pressekonferenz mit dem Außenminister Armeniens. Foto: Jörg Carstensen/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Die Bundesregierung stelle der Hilfsorganisation Malteser International eine Million Euro zur Verfügung, um vor allem den Menschen in Syrien zu helfen.

Der Westen

Die Niederrheinische Bucht gehört zu den am stärksten erdbebengefährdeten Gebieten in Mitteleuropa. Einige Male pro Woche bebt dort und in angrenzenden Gebieten die Erde, teilt der Geologische Dienst NRW mit. Die meisten der Erdbeben seien nicht zu spüren, allerdings seien durchaus auch stärkere Beben möglich. Vor allem rundum Köln stuft das BBK den Gefährdungsgrad für starke Beben hoch ein.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Warum es zu den Erdbeben in der Niederrheinischen Bucht kommt, erklärt der Geologische Dienst so: Im Untergrund fänden Bewegungen an Störungsflächen, sogenannte Verwerfungen, statt. Sie würden die Bucht in Schollen unterteilen. Erfolge die natürliche Bewegung dieser Schollen ruckartig, sei sie als Erdbeben wahrnehmbar. „Das Rheingebiet ist eine Schwächezone“, ergänzt Geoforscher Grünthal. Dort herrschen günstigere Bedingungen in der Erdkruste, damit sich aufgebaute Spannungen entladen können.

Was im Ernstfall zu tun ist

Erdbeben können auch durch menschlichen Einfluss entstehen. Forscherinnen und Forscher sprechen dann von induzierter Seismizität. Im Südharz und im Werra-Kaligebiet finden beispielsweise Salz- und Kalibergbauarbeiten statt, die für Erdbebenaktivitäten sorgen. Auch Bohrungen, Erdöl- und Erdgasförderungen, Sprengungen sowie das Aufstauen von Stauseen können kleinere Erdstöße verursachen. Allerdings sind sie in den meisten Fällen nur schwach beziehungsweise für Menschen kaum wahrnehmbar.

Doch was ist zu tun, wenn ein Erdbeben tatsächlich spürbar und stark ist? Im Ernstfall gibt es einige Verhaltensregeln zu beachten:

  • Befinden Sie sich in einem Gebäude, sollten Sie in Deckung gehen, beispielsweise unter einem stabilen Tisch oder unter einem Türbogen.
  • Vermeiden Sie Fahrstühle und Treppenhäuser.
  • Verlassen Sie das Gebäude nur, wenn die Umgebung sicher ist und keine Ziegel herunterfallen.
  • Nehmen Sie sich vor herunterfallenden oder umstürzenden Gegenständen in Acht.
  • Wer sich im Freien befindet, sollte dort auch bleiben und nicht in ein Gebäude fliehen.
  • An Gewässern sollte der Uferbereich verlassen werden.
  • In einem Fahrzeug sollten Sie anhalten und den Wagen während des Bebens nicht verlassen.
  • Halten Sie nicht auf Brücken, im Tunnel oder in Unterführungen an.

Mehr aus Wissen

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken