James-Webb-Teleskop: eine große Errungenschaft der Menschheit
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Es war eines der ersten Bilder des James-Webb-Weltraumteleskops: der Carina-Nebel (Carina Nebula).
© Quelle: NASA, ESA, CSA, and STScI/dpa
Fünf Bilder haben mich im Juli dieses Jahres vollkommen sprachlos gemacht – die NASA hatte die ersten wissenschaftlichen Bilder des James-Webb-Teleskops veröffentlicht. Erst mal habe ich die farbenfrohen Details der Schönheit unseres Universums einfach nur stumm bewundert. Dann war (und bin) ich einfach nur stolz, dankbar und zutiefst zufrieden: Wir haben es als Menschheit geschafft, ein Werkzeug zu bauen, das solche unfassbaren Kunstwerke zustande bringt.
Kontrastreiche Bilder von den fünf Galaxien in Stephans Quintett, der Tod eines Sterns im südlichen Ringnebel – die Bilder sind nicht einfach nur schön. Denn zu sehen waren unter anderem neue Bereiche des Carina Nebels, die sonst hinter Wolken aus Gas und Staub verdeckt waren und jetzt Einblick in die Entstehung von sehr jungen Sternen geben können. Und das Bild des Galaxienhaufens SMACS 0723 enthält Licht, dass vor 13,1 Milliarden auf die Reise gegangen ist – ein Blick also in die Anfänge unseres Universums, genau wie man es sich erhofft hatte.
Ein Jahr James-Webb-Teleskop: Mehr als nur schöne Bilder
344 Sollbruchstellen werden genannt, die diesen Erfolg hätten verhindern können – der Großteil davon bei Start und Aufbau des Teleskops. Bisher hat fast alles reibungslos funktioniert, kleinere Zwischenfälle gab es dennoch: Ein Mikrometeorit hat mehr Schaden angerichtet als ursprünglich gedacht. Dass es nämlich zu regelmäßigen Einschlägen kommt, wurde bereits im Vorfeld erwartet, modelliert und letztendlich auch beobachtet: 19 Mal in 92 Tagen, so steht es im Bericht der NASA.
Der Einschlag von Ende Mai war aber heftiger als erwartet, noch ist nicht klar ob es einfach Pech war, oder ob die Spiegelelemente anfälliger sind als gedacht. Zum Glück kann man die durch den Einschlag entstandenen Ungenauigkeiten durch Nachjustierung vom Boden aus etwas verringern. Trotzdem wird zur Sicherheit auch die Ausrichtung der Oberfläche des Spiegels angepasst werden – denn er soll noch so viele Jahre wie möglich funktionsfähig bleiben.
Seit einem Jahr ist das Teleskop nun im All – und es lassen einen nicht nur die wunderschönen Bilder staunen. Erstmalig wurde in der Atmosphäre eines Exoplaneten Kohlendioxid nachgewiesen. So lassen sich nicht nur Rückschlüsse über die Entstehung und Entwicklung des Planeten WASP-39b ziehen. Die Messungen sind so präzise, dass man sogar Aussagen über die Wolkenbedeckung machen kann. Der Wolkenbedeckung, das stelle man sich einmal ganz genau vor, auf einem anderen Planeten, Lichtjahre von uns entfernt! Diese präzisen Messungen sind gleichzeitig eine wichtige Grundlage, um Leben auf anderen Planeten zu entdecken. Eine höhere Sauerstoffkonzentration in der Atmosphäre als erwartet ist nämlich ein Indikator für genau diese Lebensformen.
Das James-Webb-Teleskop als Influencer
Diese Suche wird in einem weiteren Planetensystem gerade sehr konkret. 39 Lichtjahre von uns entfernt findet sich Trappist-1, ein Stern mit einer erstaunlichen Anzahl an erdähnlichen Planeten: gleich sieben auf einen Streich. Bekannt sind Masse und Radius – nicht aber die Zusammensetzung etwaiger Atmosphären. Das ist besonders bei den Planeten interessant, die in der vermuteten bewohnbaren Zone um Trappist-1 kreisen, denn hier könnten sich Lebensformen finden lassen. Bis dahin braucht es aber noch viele Messungen, Nachjustierungen und vor allen Dingen Auswertungen hier bei uns auf der Erde.
Und weil eine Welt ohne Social Media zumindest in unserem Sonnensystem schwer vorstellbar ist, besitzt das James-Webb-Teleskop übrigens gleich mehrere Accounts zum Influencen: Neue Bilder, Updates und wissenschaftliche Erkenntnisse bequem im täglichen Feed. In einem Tweet vom 20.12. hüpfen die sieben erdähnlichen TRAPPIST-1-Planeten ganz wunderbar weihnachtlich zu „Oh Tannenbaum“ durchs Bild, und berichten vom aktuellen Vorhaben. Insofern: Egal ob online oder offline, eine Follow-Empfehlung für das James-Webb-Teleskop gibt es von mir in jedem Fall!
Insa Thiele-Eich ist Meteorologin und forscht an der Universität Bonn an den Zusammenhängen zwischen Klimawandel und Gesundheit. Seit 2017 trainiert sie im Rahmen der Initiative „Die Astronautin“ als Wissenschaftsastronautin für eine zweiwöchige Mission auf der Internationalen Raumstation – und wäre damit die erste deutsche Frau im All. Hier schreibt sie alle zwei Wochen über Raumfahrt, den Klimawandel und die faszinierende Welt der Wissenschaft.