Wie Mücken den Menschen riechen und finden
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Eine Mücke saugt Blut am Arm eines Menschen.
© Quelle: Patrick Pleul/Dpa
Der sehr ungewöhnliche Aufbau ihrer Riechzellen macht krankheitsübertragende Mücken offenbar besonders effizient bei der Jagd auf menschliches Blut. Das schreibt ein Forscherteam um Margaret Herre von der New Yorker Rockefeller Universität im Fachblatt „Cell“. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigten im Labor, dass die Geruchsneuronen der Ägyptischen Tigermücke (Aedes aegypti) fundamental anders arbeiten, als es das allgemein anerkannte Prinzip des Riechmechanismus erwarten ließe.
„Mücken brechen mit allen unseren Lieblingsregeln, wie Tiere Dinge riechen“, wird Herre in einer „Cell“-Mitteilung zitiert. Grob gesagt ist bei Aedes aegypti ein Geruchsneuron nicht auf einige wenige Duftstoffe spezialisiert, sondern springt auf mehr Moleküle an. Die Forschenden gehen davon aus, dass der spezielle Aufbau ihrer Riechneuronen die Fähigkeit der Mücken verstärkt, ausgeatmetes CO₂ und die verschiedenen Körpergerüche des Menschen wahrzunehmen.
Diese Krankheiten überträgt die Tigermücke
Die Tigermücke ist als Überträger von viralen Krankheiten wie Dengue, Zika, Gelbfieber und Chikungunya-Fieber gefürchtet. Die weiblichen Tiere stechen und saugen Blut, damit sie sich fortpflanzen können. Dabei sind die bevorzugten Opfer wir Menschen.
Die Mücken finden uns, indem sie CO₂ aus dem Atem und Körpergerüchen folgen. Diese bestehen aus einem Mix aus Hunderten verschiedenen Duftstoffen wie etwa Alkoholen und Ammoniak. Die Mücken erkennen die Stoffe mithilfe von Sinneszellen, sogenannten Geruchsneuronen, auf ihren Antennen.
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Fluoreszenzmarkierte Riechneuronen auf ihren Antennen helfen Mücken bei der Jagd.
© Quelle: Margo Herre
Jedes Geruchsneuron hat nur einen Rezeptortypen – stimmt’s?
Doch wie genau wird die Geruchsinformation verarbeitet? Unter Riechforscherinnen und Riechforschern gibt es eine Art Dogma, dass bei Tieren jedes Geruchsneuron nur einen einzelnen Typ von Rezeptor trägt. Dieser Rezeptor reagiert auf ganz bestimmte chemische Verbindungen in der Luft. Wird der Rezeptor aktiviert, gibt das Neuron ein Signal ans Gehirn weiter. Die Köpfe hinter diesem Prinzip – jedes Neuron trägt nur einen Rezeptortyp – sind Linda Buck und Richard Axel, die 2004 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden.
Auf Basis dieser Erkenntnisse hatten Forschende versucht, Rezeptoren der Mücken auszuschalten. Die Hoffnung: Bestimmte Neuronen solcher manipulierten Tiere funken nicht mehr ins Gehirn und menschliche Beute wird nicht mehr angeflogen. Doch der Ansatz klappte nicht, die Moskitos fanden ihr Ziel trotzdem. Warum?
Forschende widerlegen wissenschaftliches Dogma
In der neuen Studie zeigte das Forscherteam, dass die Neuronen der Mücken nicht nur jeweils einen, sondern mehrere Rezeptoren tragen. „Alle Regeln von Buck und Axel konnte man bei den Moskitos in die Tonne treten“, sagt Co-Autorin Leslie Vosshal laut einer Mitteilung ihres Instituts.
Die Forscherinnen und Forscher rechneten mit massiver Skepsis an ihren Ergebnissen, schließlich widersprachen sie dem allgemeingültigen Dogma. Deshalb bestätigten sie ihre Erkenntnisse in einer ganzen Reihe von Experimenten. Sie zeigten auch, dass ein und dasselbe Neuron durch zwei sehr unterschiedliche Substanzen aktiviert werden kann.
Vereinfacht gesagt ist es für die Mücke nicht wichtig, welcher menschliche Duftstoff das Neuron aktiviert. Hauptsache es wird aktiviert und weist der Mücke den Weg. Wenn Forschende also im Labor bestimmte Rezeptortypen ausschalten, können die Neuronen der Mücke trotzdem durch andere Typen aktiviert werden. „Mücken haben Plan B nach Plan B nach Plan B. Für mich ist dieses System unkaputtbar“, sagt Vosshall.
RND/dpa
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