Bewerbung: Darf der Arbeitgeber ein Führungszeugnis verlangen?

Manche Arbeitgeber wollen von den Bewerbern ein Führungszeugnis sehen. Aber ist solch eine Forderung überhaupt rechtmäßig?

Manche Arbeitgeber wollen von den Bewerbern ein Führungszeugnis sehen. Aber ist solch eine Forderung überhaupt rechtmäßig?

Berlin. Lebenslauf und Zeugnisse, Nachweise über berufliche Qualifikationen oder Zertifikate über absolvierte Lehrgänge – das muss in der Regel jeder einreichen, der sich auf eine neue Stelle bewirbt. Doch wie sieht es mit dem Führungszeugnis aus? Können Arbeitgeber das von den Bewerbern verlangen? Können Einträge im Führungszeugnis zur Kündigung führen? Tobias Werner, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin, hat die passenden Antworten darauf.

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Was ist ein Führungszeugnis und was steht darin?

Das Führungszeugnis ist ein Auszug aus dem Bundeszentralregister. Dort werden strafrechtlich relevante Daten über Verurteilungen, Schuldunfähigkeit, Entscheidungen von Verwaltungsgerichten sowie andere Daten aufgelistet.

Es gibt verschiedene Arten von Führungszeugnissen: das einfache (private), das erweiterte, das behördliche und das europäische Führungszeugnis. Im Rahmen einer Bewerbung wird in der Regel ein einfaches Führungszeugnis verlangt. Bei der Arbeit mit Minderjährigen indes, sei es beruflich oder auch ehrenamtlich, ist die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses oft Pflicht. Denn nur dieses weist jede Verurteilung wegen einer Sexualstraftat oder einer Straftat gegen die persönliche Freiheit aus, auch wenn sie „nur“ zu einer Jugendstrafe oder „nur“ zu einer begrenzten Geldstrafe geführt hat.

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Darf ein Arbeitgeber ohne Weiteres ein Führungszeugnis anfordern?

Nein. Arbeitgeber dürfen ihre Beschäftigten nicht einfach um ein Führungszeugnis bitten – denn damit wird gegen das Bundesdatenschutzgesetz verstoßen. Nur Informationen, die tatsächlich relevant für die angestrebte Stelle sind, dürfen angefragt werden.

Welche Ausnahmen gibt es?

Es gibt einige Ausnahmen, in denen Arbeitgeber das Recht haben, ein Führungszeugnis zu verlangen, um sich ein Bild über alle möglichen Vorstrafen zu machen: Zum einen, wenn der Bewerber in einer Vertrauensposition eingesetzt werden soll und mit größeren Geldsummen oder Sachwerten umgehen soll – zum Beispiel in einer Bank. Zum anderen, wenn er im Sicherheitsgewerbe beschäftigt ist und Personen oder Eigentum schützen soll. Und schließlich, wenn er als Erzieher, Lehrer oder Trainer für Kinder und Jugendliche verantwortlich ist.

Kann der Arbeitgeber das Führungszeugnis beantragen?

Nein, das muss der Arbeitnehmer beim Bundesamt für Justiz selbst erledigen. Der Datenschutz sorgt dafür, dass die Privatsphäre gewahrt wird und der Arbeitgeber von sich aus kein Führungszeugnis anfordern kann.

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Darf der Arbeitnehmer das Vorlegen eines Führungszeugnisses verweigern?

Ja, das ist sein gutes Recht. In der Praxis wird man das als Bewerber sicherlich abwägen. Denn wer sich weigert, wird seine Chancen auf den Job deutlich verringern. Schließlich wird der Arbeitgeber annehmen, der Bewerber hätte etwas zu verbergen.

Anders sieht es aus, wenn der Arbeitnehmer bereits im Betrieb tätig ist. In diesem Fall hat er das Recht, das Vorlegen eines Führungszeugnisses zu verweigern. Sein Chef darf ihm deswegen weder kündigen noch andere disziplinarische Maßnahmen ergreifen. Aber auch hier ist häufig Fingerspitzengefühl gefragt und gibt es Ausnahmen: Soll der Arbeitgeber zum Beispiel eine neue Aufgabe oder sogar in eine höhere Position befördert werden, wo er mehr Verantwortung hat und mit viel Geld umgehen muss, ist es am Ende auch in seinem Interesse, das Führungszeugnis vorzulegen.

Können Einträge im Führungszeugnis zur Kündigung führen?

Gekündigt werden darf nur, wenn die Einträge in direkter Beziehung zur Tätigkeit stehen und somit den betrieblichen Interessen schaden. Ein Beispiel: Ein Angestellter in einem Schwimmbad sollte ein Führungszeugnis vorlegen, weil er beruflich mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat.

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Das Führungszeugnis ergab, dass der Angestellte 2008 wegen unerlaubten Handelns mit Drogen zu einer Geldstrafe in Höhe von 3000 Euro verurteilt wurde. Auch hatte er zwei weitere Verurteilungen mit Geldstrafen wegen einer Körperverletzung sowie einer versuchten Körperverletzung.

Wegen dieser Eintragungen wurde dem Schwimmbadmitarbeiter fristlos gekündigt. Doch der klagte dagegen: Er habe nichts mehr mit Drogen zu schaffen, und das Arbeitsverhältnis sei stets ohne Beanstandungen geblieben, so seine Argumentation.

Das Arbeitsgericht Cottbus gab ihm recht. Arbeitgeber können einen Arbeitnehmer nicht allein wegen einer strafrechtlichen Verurteilung kündigen. Vielmehr muss sich aus der Tat ergeben, dass der Angestellte für den Job nicht geeignet ist (Az.: 3 Ca 317/13).

Der Mann hatte bereits seit einiger Zeit in dem Bäderbetrieb gearbeitet, als am 2010 ein erweitertes Führungszeugnis für Personen eingeführt wurde, die beruflich oder auch ehrenamtlich kinder- und jugendnah tätig sind. Deshalb war er nicht bei seiner Einstellung danach gefragt worden.

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