Zahlreiche Schwimmverbote

Blaualgen: Wie entstehen die Bakterien und warum sind sie gefährlich?

Blaualgen sind Bakterien und vermehren sich bei Sommerhitze und hohen Wassertemperaturen massenhaft.

Blaualgen sind Bakterien und vermehren sich bei Sommerhitze und hohen Wassertemperaturen massenhaft.

Hannover. Viel Sonnenschein und hohe Temperaturen erwärmen die Gewässer: Das klingt nicht nur für uns angenehm – auch Bakterien blühen bei diesen Voraussetzungen richtig auf. Immer mehr Seen sind von giftigen Blaualgen betroffen. Landesweit herrschen dann an zahlreichen Badestellen Schwimmverbote. Denn im Unterschied zur Grünalge stellen die Blaualgen durchaus Risiken für den Menschen da. Der Name der Blaualgen ist dabei irreführend, da es sich eigentlich um Bakterien, eine Art der Cyanobakterien, handelt.

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Blaualgen sind eigentlich Bakterien

Das Problem bei diesen Bakterien ist, dass sie toxisch und somit gefährlich für den Menschen sind: „Der Hautkontakt kann bei empfindlichen Menschen Allergien auslösen. Wenn man das mit Toxinen angereicherte Wasser trinkt, kann es zu Magenproblemen kommen. Wenn es sich im Körper anreichert, kann es sogar krebsauslösend sein“, warnt Ulf Karsten, Experte für Ökologie, Physiologie und Molekularbiologie von Algen. Hunde oder Rinder seien bereits gestorben, nachdem sie das toxische Wasser getrunken haben.

Es gibt nicht automatisch ein Verbot, wenn Blaualgen auftreten – erst wenn es zu einer Blaualgenblüte kommt, sprechen Kommunen ein Badeverbot aus. Algenblüten sind explosionsartige Vermehrungen.

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Stickstoff und Nährstoffe begünstigen die Blaualge

Blaualgen sind grundsätzlich immer in sehr niedriger Konzentration im Wasser vorzufinden, unter den richtigen Bedingungen können sie sich dann ausbreiten. Und richtige Bedingungen haben Blaualgen oft: sie haben wenige Fressfeinde und sich vielen Extrembedingungen angepasst. Außerdem hätten Blaualgen den Vorteil, dass sie Stickstoff aus der Luft aufnehmen können: „Blaualgen können das gleiche, was einige Bakterien im Boden tun: Stickstoff speichern“, erläutert Dr. Volker Mohaupt, Fachgebietsleiter für Binnengewässer beim Umweltbundesamt. So überstehen Blaualgen Stickstoffmangel, der im Hochsommer auftritt.

Ein weiteres, menschengemachtes Problem ist die Nährstoffzufuhr in Gewässern. Besonders durch Kläranlagen und die Landwirtschaft kommen Stoffe wie Phosphor und weiterer Stickstoff in die Gewässer. Diese Nährstoffe begünstigen das Wachstum von Blaualgen und sonstigen Algen und Wasserpflanzen. „In zwei Drittel der Gewässer ist zu viel vom entscheidenden Nährstoff, dem Phosphor, aber die Nährstoffüberversorgung zu verringern klappt gut“, erklärt Mohaupt. Aber: weniger Nährstoff führe nicht automatisch zu weniger Algen.

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Klimawandel begünstigt blinde Passagiere

Der Experte Ulf Karsten sieht durch den Klimawandel eine weitere Begünstigung: „Dadurch dass die Erde immer wärmer wird, gibt es schon Anzeichen, dass auch Cyanobakterien zunehmen.“ Durch diese Wärme käme ein zweites Problem hinzu: Invasive Arten, die eigentlich in tropischen Gebieten leben. „Wir haben selbst ein Monitoring durchgeführt und uns Gemeinden von Cyanobakterien angeschaut. Dabei haben wir einige Vertreter gefunden, die sich hier angesiedelt haben – aber eigentlich gar nicht hierhergehören“, so Karsten.

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Ein weiteres Problem sei, „dass es nur sehr wenige Experten gibt. Eine neue Art zu erkennen und überhaupt als Neu zu identifizieren fällt somit schwer“, fasst Karsten die Problematik zusammen. Was helfen würde, sei regelmäßiges Monitoring, doch das passiere aktuell zu selten – bei der Menge Schiffe, die täglich die Hafen erreichen. „Der Zoll ist überfordert.“

Als invasive Art bezeichnet man Tiere, Pflanzen oder Bakterien, die an keinem bestimmten Ort heimisch sind und sich in fremden Gebieten ansiedeln. Dort neigen sie dazu, sich im schädigenden Maße auszubreiten – und Krankheiten mitzubringen, gegen die die heimischen Arten nicht gewappnet sind.

Auf „gutem Weg“ Nährstoffe zu reduzieren

Doch was tun gegen Blaualgen? Die Reduktion von Nährstoffen in Gewässer sei ein langer Prozess, der aber auf dem richtigen Weg sei, lobt Mohaupt. „Kläranlagen haben die Zufuhr von Phosphor und Stickstoff um 75 Prozent reduziert. Damit liefert jetzt die Landwirtschaft 80 Prozent der Stickstoff- und 50 Prozent der Phosphor-Einträge in die Gewässer.“ Somit sei jetzt die Landwirtschaft, aber auch kleinere Kläranlagen am Zug, die Zufuhr konstant zu verringern.

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In fließenden Gewässern sieht Mohaupt aktuell keine Gefahr vor der Ausbreitung von Blaualgen. Anders sehe das in Seen und gestauten Flüssen aus: „Eine Algenpopulation braucht drei Tage Aufenthaltszeit in einigermaßen konstanten Verhältnissen um aufzuwachsen. Ist diese Zeit in großen Seen oder gestauten Gewässern erreicht kann es zu einer Blaualgenblüte kommen, aber die Gefahr ist in Flüssen viel geringer als in Seen.“

Kommen die Auswirkungen noch?

Im Herbst können sowohl die Folgen einer Grün-, als auch einer Blaualgenblüte Probleme für das Gewässer bringen, warnt das Ministerium für Umwelt Rheinland-Pfalz in einer Pressemitteilung. Bei Grünalgen handelt es sich übrigens um „echte” Algen. Die sogenannten Blaualgen werden in der Forschung seit einiger Zeit den Bakterien zugeordnet, da sie über keinen Zellkern verfügen. Sie gehören zu den ältesten Lebensformen. Bei kühleren und kürzeren Tagen sterben diese ab, sinken zu Boden und werden zersetzt. Wenn es typischerweise im Herbst zu einer kräftigen Durchmischung der Wasserschichten komme, könnten bei der Zersetzung im unteren Bereich des Sees entstandene Faulgase wie Schwefelwasserstoff im gesamten Gewässer verteilt werden und ein Fischsterben auslösen.

Probleme für Fische drohten auch, wenn der pH-Wert im Wasser wegen einer Algenblüte steige. Wenn der zwischen den Werten neun und zehn oder sogar darüber liege, könne Ammonium zu Ammoniak werden, was ebenfalls giftig für Fische sei. Insbesondere in flachen Gewässern könnten die Tiere dann nicht in andere Schichten ausweichen.

Weitere schädliche Bakterien in Gewässern

Es sind allerdings nicht nur die Blaualgen, die den Badespaß verderben. Auch andere Bakterien, die vor allem durch Kläranlagen ins Wasser gelangen, können uns schaden. Badestellen an Gewässern werden anhand der einheitlichen Badegewässerrichtlinien durch Gesundheitsämter überprüft. “Anhand des Indikatorbakteriums “coliforme Bakterien” wird geprüft, ob fäkale Verunreinigungen vorhanden sind. Erhöhte Konzentrationen von “coliformen Bakterien” deuten darauf und damit auf das Vorhandensein von Krankheitserregern im Badegewässer hin”, erklärt Mohaupt. Dann kann es sein, dass die Gewässer zeitweilig zum Baden gesperrt werden.

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Doch nicht nur Gewässer haben mit Bakterienbefall zu kämpfen. Auch für die Ost- und Nordsee werden regelmäßig Badeverbote und Warnungen rausgegeben, gerade im Sommer. Auf der Seite des Bundesumweltamts können Sie nachlesen, wie die aktuellen Werte der EU-Gewässer sind.

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