Das sollten Sie über die Wechseljahre wissen

Die Wechseljahre stellen viele Menschen vor eine Herausforderung.

Die Wechseljahre stellen viele Menschen vor eine Herausforderung.

Hannover. Die Patientin ist selbst Ärztin. Umso überraschter ist sie, "dass es mich derart umhaut", wie sie ihrer Gynäkologin Katrin Schaudig gegenüber einräumt. Gemeint sind die Wechseljahre. Die unangenehmen Folgen des hormonellen Umbruchs machen auch vor jenen nicht halt, die, wie Schaudigs Patientin, nach eigener Aussage "immer gesund gelebt" haben. "Wechseljahrsbeschwerden kann man nicht vorbeugen", sagt Schaudig, Vizepräsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft, und fügt hinzu: "Man weiß auch nie, wie diese Phase verlaufen wird." Während der Wechsel manchen Frauen kaum zu schaffen macht, werden andere regelrecht aus der Bahn geworfen. Etwa ein Drittel leidet Schaudig zufolge stark an Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen, Herzrasen oder Niedergeschlagenheit. Ein Drittel hat dagegen kaum oder gar keine und ein weiteres Drittel mäßig große Probleme.

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Mit Anfang fünfzig geht es los mit den Wechseljahren

Auch bei Männern macht es sich bemerkbar, dass der Körper im Lauf der Jahre weniger Hormone produziert. Dennoch vermeiden es die meisten Experten, die Bezeichnung "Wechseljahre des Mannes" zu verwenden. "Dieser Begriff ist irreführend", sagt zum Beispiel der Urologe Christian Leiber von der Deutschen Gesellschaft für Andrologie, der männlichen Entsprechung der Gynäkologie. "Die hormonellen Veränderungen beim Mann erstrecken sich über einen langen Zeitraum. Mit dem Absturz der Hormone während der weiblichen Wechseljahre ist das nicht vergleichbar", stellt Leiber klar.

In dieser Zeit stellt sich der Körper der Frau darauf um, keine Kinder mehr bekommen zu können. Die Eierstöcke verfügen nur über einen begrenzten Vorrat an Eizellen, der mit Anfang fünfzig meist aufgebraucht ist. Damit geht auch die Produktion des weiblichen Sexualhormons Östrogen stark zurück: Es wird in erster Linie in den Bläschen gebildet, die die Eizellen umgeben. Bemerkbar macht sich die Umstellung vor allem dadurch, dass die Menstruation unregelmäßiger und seltener wird, bis sie schließlich ganz aufhört.

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Hitzewallungen: Typisch für die Wechseljahre

Der Prozess vollzieht sich in mehreren Stufen über zehn bis 15 Jahre und ist oft, vor allem im Zeitraum um die letzte Periode (Menopause) herum, von Hormonschwankungen gekennzeichnet. In dieser Zeit sind die Beschwerden, die der Wechsel mit sich bringen kann, meist am stärksten. „Am häufigsten klagen Patientinnen dann über Hitzewallungen und Schweißausbrüche“, sagt Schaudig. „Die Hormonveränderungen beeinflussen das Temperaturzentrum im Gehirn und gaukeln dem Körper Überhitzung vor. Der reagiert dann mit einem Schweißausbruch.“ Für andere Probleme, etwa Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und nachlassende Leistungsfähigkeit, kommen neben hormonellen Veränderungen auch andere Ursachen in Frage.

Östrogenmangel: Studien zeigen Risiken zu

So zeigte eine Studie des Uniklinikums Dresden von 2015 unter mehr als 2000 Frauen und Männern, dass körperliche Beschwerden bei beiden Geschlechtern mit dem Alter zunehmen. Als typisch für die Wechseljahre kristallisierten sich lediglich Hitzewallungen bei Frauen heraus. „Manchmal ist tatsächlich nicht klar, woher die Beschwerden kommen“, räumt Schaudig ein. „Wenn sich aber ein klarer zeitlicher Zusammenhang mit der Menopause abzeichnet, sollte man hellhörig werden.“ Östrogen ist nämlich an vielen Prozessen im Körper beteiligt. Effektivstes Mittel gegen Hitzewallungen und Schweißausbrüche ist eine Hormontherapie. Allerdings ist die Behandlung in Verruf geraten, seitdem große Studien diverse Risiken aufzeigten.

Manche Hormonpräparate können das Risiko für Brustkrebs, Thrombosen und Schlaganfälle erhöhen. Ob es diese Gefahren gibt und wie groß sie sind, hänge aber von verschiedenen Faktoren ab, wie Schaudig erklärt. Dazu zählten vor allem das Risikoprofil der Patientinnen, die jeweiligen Präparate sowie die Therapiedauer. „Zum Beispiel erhöht Östrogen als Gel, Pflaster oder Spray das Risiko für Thrombosen praktisch nicht“, erläutert die Gynäkologin.

Hormone als Therapie bei Beschwerden in den Wechseljahren

Umgekehrt hätten Hormone auch positive Effekte: Sie schützen Schaudig zufolge vor Osteoporose und verringern das Darmkrebs- und Diabetesrisiko. Risiken und Chancen gegeneinander aufzurechnen, ist äußerst kompliziert. Unter Medizinern wird das Thema Hormongabe in den Wechseljahren seit langem kon­trovers diskutiert. Medizinerin Schaudig meint: „Die Hormone sind besser als ihr Ruf.“ Bei großem Leidensdruck sollten Frauen sich ihrer Ansicht nach nicht unnötig quälen und Hormone einnehmen. Auch Prof. Olaf Ortmann, Koordinator der ärztlichen Leitlinie zum Thema, hält die Risiken einer richtig durchgeführten Hormontherapie grundsätzlich für überschaubar – allerdings betont er, dass immer die individuelle Situation der Patientin berücksichtigt werden müsse.

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Testosteronmangel: Müdigkeit und Antriebslosigkeit bekämpfen

Auch Männer können laut An­drologe Leiber unter Umständen von Hormongaben profitieren: „Wenn ein Testosteronmangel eindeutig festgestellt wurde und der Patient über Beschwerden klagt, sind Testosteronmittel sinnvoll.“ Zu den typischen Problemen gehören sexuelles Desinteresse, Antriebslosigkeit, Erektionsstörungen und in schweren Fällen Hitzewallungen. Langfristig können auch die Knochen brüchig werden (Osteoporose).

Etwa jeder zehnte Mann, so Leiber, entwickele im Laufe seines Lebens ein Testosteronmangel-Syndrom – meist jenseits des 50. Lebensjahres. „Nur Testosteron zu nehmen bringt aber wenig. Ich empfehle immer, gleichzeitig Sport zu treiben und auf eine ausgewogene Ernährung zu achten“, sagt der Mediziner. Bewegungsmangel und Übergewicht drosseln die Testosteronproduktion.

Doch die Therapie ist nicht frei von Risiken: Unter anderem steigt die Gefahr von Thrombosen. Vor diesem Hintergrund warnt das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) vor falschen Erwartungen: „Testosteronmittel sind keine Lifestyle-Medikamente“ und hätten „allenfalls einen geringen Nutzen“, heißt es in der Patienteninformation zum Thema.

Von RND / Angela Stoll

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