Forscher warnen: Der Klimawandel bedroht die Hummeln
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Die Hummel ist ein sehr guter Bestäuber. Der Klimawandel gefährdet aber ihre Populationen.
© Quelle: Suzanne Rowcliffe/ Pixabay
Im Zeitraum 2000 bis 2014 war das Überleben einer Hummelart in Europa oder Nordamerika wegen der klimatischen Bedingungen um durchschnittlich 30 Prozent weniger wahrscheinlich als im Zeitraum 1901 bis 1974. Das berichtet eine Gruppe um Peter Soroye von der University of Ottawa in der Fachzeitschrift „Science“. Ein deutscher Experte hält die Studie für zuverlässig.
Nahrungsangebot in Gefahr
„Hummeln sind die besten Bestäuber, die wir in wilden Landschaften haben, und die effektivsten Bestäuber für Pflanzen wie Tomaten, Kürbisse und Beeren“, wird Soroye in einer Mitteilung seiner Universität zitiert. Wenn es weniger Hummeln gebe, sinke nicht nur die Artenvielfalt, sondern womöglich auch das Nahrungsangebot für den Menschen. Der Forscher warnt, dass viele Hummelarten innerhalb weniger Jahrzehnte für immer verschwinden könnten, wenn der Rückgang im aktuellen Tempo andauere.
Besonders problematisch: Extreme Wetterereignisse
Soroye und Kollegen nutzten etwa 550.000 Aufzeichnungen über das Vorkommen von 66 Arten von Hummeln (Bombus) vom Jahr 1900 bis 2015, um ein Computermodell zu erstellen. Sie gestalteten eine Verbreitungskarte der Arten für den Zeitraum 1901 bis 1974, in der sie die Lebensräume der Insekten mit Daten über Temperaturen und Niederschläge verknüpften. So berechneten sie die Toleranzgrenzen einzelner Hummelarten im Hinblick auf klimatische Bedingungen. Diese Basisdaten verglichen sie mit den Klima- und Hummel-Verbreitungsdaten des Zeitraums 2000 bis 2014.
„Mit unserer neuen Messmethode für den Klimawandel konnten wir Veränderungen sowohl für einzelne Arten als auch für ganze Hummelgemeinschaften mit überraschend hoher Genauigkeit vorhersagen“, sagt Soroye. Durch ihre Berechnungen fanden die Forscher heraus, dass für Hummeln in einer Region weniger eine Steigerung der Durchschnittstemperatur problematisch ist als vielmehr die Häufigkeit extremer Wetterereignisse. Deshalb sei die Wahrscheinlichkeit für die Besiedlung einer beliebigen Region in Nordamerika im genannten Zeitraum um 46 Prozent, in Europa um 17 Prozent zurückgegangen.
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Fleißig, aber gefährdet: Hummeln sind ausgezeichnete Bestäuber.
© Quelle: dpaWolfgang Kumm/dpa
Schutzmaßnahmen könnten Hummeln helfen
Der Rückgang von Hummelpopulationen sei nicht allein auf den Klimawandel zurückzuführen, schreiben die Wissenschaftler. „Andere vom Menschen verursachte Veränderungen, wie die Intensivierung der Landwirtschaft, der Einsatz von Pestiziden und Krankheitserreger, können sich ebenfalls auf die Besiedlung und das Ausrottungsrisiko von Hummeln auswirken.“ Ihr Modell biete jedoch Anhaltspunkte für Schutzmaßnahmen in bestimmten Regionen, sind die Forscher überzeugt.
In einem Kommentar in „Science“ schreiben Jon Bridle und Alexandra van Rensburg von der englischen University of Bristol: „Die neue Studie liefert weitere Belege für alarmierende, weitverbreitete Verluste an biologischer Vielfalt und für globale Veränderungsraten, die jetzt die kritischen Grenzen der Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen überschreiten.“ So zeige die Studie, dass Hummeln im Zuge des Klimawandels auch neue Regionen besiedeln könnten. Dies könne aber den Verlust vieler Gebiete durch zu hohe Temperaturen bei Weitem nicht ausgleichen.
Experte: Landwirtschaft hat für starken Rückgang von Hummeln gesorgt
Der Biogeograf Axel Hochkirch von der Universität Trier hält die Daten der Forscher für zuverlässig. Der Vorsitzende des Komitees zum Schutz wirbelloser Tiere des Weltnaturschutzverbands (IUCN) betont die Bedeutung der Tiere als Bestäuber: „Da Hummeln eine soziale Lebensweise haben und schon bei niedrigen Temperaturen aktiv sind, gelten sie als extrem effiziente Bestäuber und werden auch in der Landwirtschaft für Obst und Gemüse und in Gärtnereien als Bestäuber verwendet. Unter den Wildbienen sind sie die Artengruppe mit der höchsten Bestäubungseffizienz."
Als Grund für den unterschiedlich starken Rückgang von Hummeln in Nordamerika und Europa vermutet Hochkirch die jeweilige Landnutzung. „Hierbei könnte die intensive Landwirtschaft in sehr großen Regionen der USA – zum Beispiel im sogenannten corn belt (Maisgürtel) – eine Rolle spielen. In Europa sind häufiger noch kleine Ersatzhabitate in der Umgebung landwirtschaftlicher Flächen zu finden.“
RND/dpa