Sie wollte unbedingt ein Mädchen, doch dann wurde es ein dritter Junge – eine Mutter erzählt
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Susanne wollte das Geschlecht ihres ungeborenen Kindes beeinflussen. Genmedizinische Eingriffe im Ausland sind oft die einzige Hoffnung.
© Quelle: Felix Heyder/dpa
Wie es mit Susannes Kinderwunsch losging, lesen Sie im ersten Teil: “Ein drittes Kind, nur wenn es ein Mädchen wird?”
Wenn ich heute zurückblicke, kann ich sehen, dass ich mich in dieses Thema verrannt habe. Ich war geradezu besessen mit dem Wunsch nach einem Mädchen. Ich hatte mich ja bereits schlau gemacht und eine Klinik in Zypern gefunden, die solche speziellen Kinderwunschbehandlungen durchführt. Im Internet tauschte ich mich mit anderen Müttern viel über das Thema aus.
Dann las ich einen Roman, in dem fast meine eigene Geschichte erzählt wurde. Eine Mutter trieb in dem Buch ihre Zwillinge ab, weil sie das “falsche” Geschlecht hatten. Dieses Buch holte mich aus meiner “Welt” heraus. Denn natürlich fragte ich mich, ob ich genau so gehandelt hätte. Diese Frage konnte ich sofort und klar mit nein beantworten, ich hätte niemals eine Schwangerschaft abgebrochen, nur weil das Kind nicht das gewünschte Geschlecht hat.
Ist das Geschlecht des Kindes wirklich egal?
Ich beschloss, das Thema drittes Kind erstmal ruhen zu lassen, bis ich mir ganz ganz sicher war, dass mir das Geschlecht völlig egal wäre. Sollte sich dieses Gefühl nicht einstellen, würde ich kein weiteres Kind bekommen. Im August 2018 wurde mir nach fünf Jahren die Kupferspirale entfernt. Da stellte sich erstmals wieder die Frage: Wie verhüten wir weiter und verhüten wir überhaupt weiter? Mein Mann drückte sich vor einer Antwort, deshalb nahm ich zunächst erstmal die Pille.
Im Herbst 2018 fiel ich in ein Loch. Ich war sehr unglücklich in meinem Job, wurde antriebslos und begab mich schließlich in eine Gesprächstherapie. Ich bin mir sicher, dass die Pille mir zusätzlich aufs Gemüt schlug. Sie nahm mir außerdem komplett die Lust auf Sex.
Neuer Job, neues Glück
Ende Dezember setzte ich die Pille ab, sofort ging es mir besser. Mein Mann war sich immer noch nicht 100-prozentig sicher, ob er noch ein drittes Kind möchte. Im Januar wurde endlich meine Jobsituation geklärt, ich war sehr unglücklich dort und dann mehr als erleichtert, dass ich dort nun nicht mehr arbeiten würde.
Ich spürte, wie all der Druck vom Job abfiel und hatte richtig Lust, mir einen tollen neuen Job zu suchen. Der Wunsch nach einem dritten Kind geriet in den Hintergrund, denn ich hatte nun andere Ziele. Tatsächlich fand ich schnell eine neue Arbeit, die ich am 1. März antreten wollte.
Susanne träumt wieder von einem Jungen
Mitte Februar hielt ich einen positiven Schwangerschaftstest in den Hand. Wir beschlossen, uns das Geschlecht nicht verraten zu lassen. Wenn ich von dem Baby geträumt habe, habe ich immer einen Jungen gesehen. Ich versuchte, mich komplett auf einen möglichen Jungen einzulassen, während der Schwangerschaft hörte ich aber immer wieder von allen Seiten: “Ach, jetzt doch bitte ein Mädchen nach zwei Jungs, oder?”
Das war nicht so leicht für mich. Dann kam der Tag der Geburt. Um ehrlich zu sein, habe ich während der Geburt schon gehofft, es würde ein Mädchen werden. Am 1.11.2019 wurde aber unser dritter Sohn geboren.
Auch andere Frauen hadern mit dem Geschlecht
In meinem Krankenhauszimmer lag eine Frau, die ebenfalls ihren dritten Jungen bekommen hatte. Wir redeten sehr offen und ehrlich über unsere Gefühle und sie sagte auch: “Wenn ich es mir hätte aussuchen dürfen, hätte ich wohl auch ein Mädchen genommen.” Das beruhigte mich, denn es zeigte mir, dass ich nicht alleine mit meinen Gedanken bin.
Unser Junge ist nun fast einen Monat bei uns, wir sind sehr glücklich und spüren: Wir sind nun als Familie komplett. Ein viertes Kind wird es nicht geben. Ich werde also keine Tochter haben – dafür aber eine ganz tolle Jungsbande.
RND/protokolliert von Katharina Nachtsheim