Nach Insolvenzverfahren

Schufa löscht Restschuldbefreiung nach sechs Monaten: Was das bedeutet – und wen es betrifft

Wer eine neue Wohnung mieten möchte, muss meist viel von sich preis geben. Fragen nach der politischen Einstellung oder der Religion sind aber nicht zulässig.

Gerade bei der Anmietung einer neuen Wohnung hatten es Menschen, die eine Privatinsolvenz hinter sich haben, schwer. Das dürfte sich nun ändern.

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Ob verschuldet oder unverschuldet: Wenn Menschen in finanzielle Probleme geraten, kann der Ausweg in einigen Fällen ein Privatinsolvenzverfahren sein. Wer eine Privatinsolvenz eröffnet, hat nach drei Jahren keine Schulden mehr und kann wirtschaftlich ein neues Leben beginnen – ohne strenge finanzielle Zwänge. Zumindest in der Theorie.

Seit Jahren fordern Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer mehr Transparenz und einen besseren Datenschutz von der Schufa. Einer der größten Kritikpunkte war bisher, dass die Wirtschaftsauskunftei Einträge zu Privatinsolvenzen zu lange speichert. Nach den drei Jahren, die eine Privatinsolvenz dauert, wird die Schuldnerin oder der Schuldner zwar von allen Restschulden befreit, die Privatinsolvenz blieb aber noch für drei weitere Jahre bei der Schufa vermerkt. Früher war das zulässig – seit Mai 2018 gilt europaweit aber ein neues Datenschutzrecht.

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Schufa will „Klarheit und Sicherheit“ schaffen

Der Fall landete vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) – ausgelöst durch einen Kläger, der sich durch die Speicherung der Privatinsolvenz mit erheblichen finanziellen Nachteilen konfrontiert sah. Im Einzelnen teilte er mit, er könne keine Wohnung mieten, kein Konto eröffnen und keinen Kredit aufnehmen – trotz erfolgreich abgeschlossener Insolvenz. Bevor der EuGH aber eine Entscheidung treffen konnte, hat sich die Schufa nun dazu entschlossen, die Speicherdauer für die Einträge zu abgeschlossenen Privatinsolvenzen auf sechs Monate zu verkürzen. So lange ist die Information auch auf dem amtlichen Internetportal insolvenzbekanntmachungen.de öffentlich einsehbar.

Nach eigenen Aussagen will die Schufa damit „Klarheit und Sicherheit“ und „einen schnellen wirtschaftlichen Neustart“ für die Verbraucherinnen und Verbraucher schaffen. „Dass die Schufa die Einträge so lange speichert, hat eigentlich schon seit Jahren Diskussionen ausgelöst“, sagt Daniel Bergner, Geschäftsführer des Verbands Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID). Der Verband der Insolvenzverwalter begrüße folglich die Entscheidung der Schufa.

Nach einer Privatinsolvenz von vorn anfangen

Die Verkürzung der Speicherungsdauer nach Privatinsolvenzen betrifft jährlich etwa 100.000 Menschen, weiß Bergner. „Auch wenn es sicherlich mehr Menschen in Deutschland gibt, die finanzielle Probleme haben, beantragen doch die wenigsten von ihnen eine Insolvenz.“ Die Verkürzung betreffe darüber hinaus alle, die bislang Schufa-Einträge für Entscheidungen zurate gezogen haben – etwa Vermieterinnen und Vermieter oder Kreditgeberinnen und Kreditgeber.

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Nach einer Privatinsolvenz sollten Verbraucherinnen und Verbraucher eigentlich von vorn anfangen können. Das war durch die lange Speicherung der Schufa aber kaum möglich. „Dass die Schufa die Daten über die Privatinsolvenzen so lange gespeichert hat, hat viele Vertragsabschlüsse behindert“, sagt Bergner. Eine weiße Weste hätten die Restschuldbefreiten damit nicht gehabt. Bergner zufolge seien nämlich vor allem Kreditgebende eher vorsichtig, wenn sie anhand der Schufa-Daten sehen, dass jemand eine Insolvenz durchgemacht habe. „Die Schufa-Einträge konnten dann ein großes Hindernis sein.“

Finanzberatung schon in der Schule anbieten

Mit der neuen Regelung können Restschuldbefreite nun schneller wieder eine neue Wohnung anmieten oder einen Kredit aufnehmen. „Die Verkürzung der Speicherungsdauer ist insgesamt eine Verbesserung der Situation für Schuldner“, sagt Bergner.

Aber es gibt auch Kritikpotenzial an der kürzeren Speicherdauer. Bergner zufolge stellt sich für viele in der Praxis die Frage, ob die Entscheidung der Schufa Auswirkungen auf die Kreditgewährung haben wird. „Gerade Teilzahlungsbanken sehen diese Entwicklungen sehr kritisch und haben die Befürchtung, dass sie falsche Anreize setzt“, sagt Bergner. Menschen könnten jetzt auch wieder schneller Schulden machen. Mit der Restschuldbefreiung und auch der Verkürzung der Speicherungsdauer sei keine Finanzberatung verbunden, gibt Bergner zu bedenken. Aus diesem Grund gerieten einige Menschen auch nach der Insolvenz wieder in Schulden. „Die Politik denkt schon lange darüber nach, ob so eine Finanzberatung Sinn machen würde – meiner Meinung nach sollte man die schon in der Schule anbieten“, sagt Bergner.

Schufa steht wegen Score in der Kritik

Der Schufa zufolge werden nun alle Einträge zu einer Restschuldbefreiung, die zum 28. März 2023 länger als sechs Monate gespeichert sind, und alle Informationen zu hiermit verbundenen Schulden nach sechs Monaten rückwirkend zu diesem Datum gelöscht. Verbraucherinnen und Verbraucher müssten sich den Angaben zufolge nicht darum kümmern, da dieser Prozess automatisch ablaufe.

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Die Schufa steht aber nicht nur wegen der langen Speicherungsdauer von Daten in der Kritik. So wird auch immer wieder der Schufa-Score beanstandet. Dieser soll angeben, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Schuldnerin oder ein Schuldner ihre oder seine Schulden zurückbezahlt. „Dieser Wert berechnet sich aus vielen verschiedenen Daten – die Berechnungsformel teilt die Schufa aber nicht transparent mit und steht dafür auch in der Kritik“, sagt Bergner. Laut eines Gutachtens des Europäischen Gerichtshofs verstößt die Schufa mit ihrem Scoring gegen geltendes EU-Recht. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet.

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