Technische Voraussetzungen fehlen noch

Ein Jahr nach der Flut­katastrophe im Ahrtal: Wann kommt das neue Warn­system Cell Broadcast?

Eine Luftaufnahme zeigt das Ausmaß der Zerstörungen an der Ahr, nachdem in der Nacht auf den 15. Juli 2021 eine Flutwelle den Ort überschwemmt hat.

Eine Luftaufnahme zeigt das Ausmaß der Zerstörungen an der Ahr, nachdem in der Nacht auf den 15. Juli 2021 eine Flutwelle den Ort überschwemmt hat.

Beinahe ein Jahr ist die Flut­katastrophe im Ahrtal her, bei der viele Menschen gestorben sind oder ihr Zuhause verloren haben. Die Warn­systeme haben damals scheinbar versagt, obwohl offizielle Stellen von dem Unwetter gewusst haben. Was hat sich seither geändert und wie steht es eigentlich um das Cell-Broadcast-System?

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Die Sturzflut in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli hat 134 Menschen nach extremem Starkregen im nordrhein-westfälischen und rheinland-pfälzischen Ahrtal getötet. Mehr als 750 Menschen sind bei der Katastrophe verletzt worden, Tausende Häuser wurden beschädigt oder zerstört.

Heute ist klar, dass der Deutsche Wetterdienst (DWD) zwar bereits Tage vor dem Unwetter wegen dessen Heftigkeit alarmiert war, die Warnung aber die meisten Menschen nicht erreicht hat. „Wir als Meteorologen waren nicht überrascht“, sagte Andreas Friedrich, Tornado­beauftragter und Sprecher des Deutschen Wetterdienstes, im Gespräch mit dem Redaktions­Netzwerk Deutschland (RND). Die Behörde habe sehr gute Modell­vorhersagen vorliegen gehabt und bereits am Montag­morgen (Anmerkung der Redaktion: 12. Juli) der vergangenen Woche eine erste Unwetter­vorabinformation heraus­gegeben.

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Cell Broadcast: Warnung erfolgt automatisch und anonym

Warn-Apps (wie etwa NINA) und Medien­informationen haben aber nicht alle Menschen erreicht und das Sirenen­warn­system war in vielen Regionen Deutschlands nicht einmal mehr vorhanden (heute finanziert das BBK den Ausbau des Sirenen­netzes in Deutschland mit rund 90 Millionen Euro). Der Ruf nach einem besseren Warn­system wurde laut und die Bundes­netzagentur sprach von der Einführung eines Katastrophen­schutz-Alarm­systems via Mobilfunk – dem sogenannten Cell-Broadcast-System.

Mit dem Cell-Broadcast-System sollen Mobilfunk­netze etwa bei Katastrophen zur Warnung der Bevölkerung eingesetzt werden – allen Handy­nutzenden, die sich in einem bestimmten Gebiet aufhalten, soll automatisch und anonym eine Warnung aufs Handy geschickt werden. Der Vorteil: Das System funktioniert laut Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) sowohl bei Smartphones als auch bei konventionellen Handys.

Cell Broadcast: Alarmierung durch „Warnmittelmix“

Laut Website des BBK wird „die Möglichkeit zur Versendung von Warnungen über Cell Broadcast in Deutschland momentan eingeführt“ – noch kann das System also nicht genutzt werden. Bereits im Februar diesen Jahres veröffentlichte die Bundes­netzagentur eine Richtlinie, die die technischen Einzelheiten des Systems regeln sollte. Das Problem: in Deutschland fehlen laut BBK bisher die technischen und rechtlichen Voraus­setzungen für den Einsatz des Warn­systems. Nach Angaben des BBK befindet sich die technische Richtlinie aber aktuell in einer „Endabstimmung“ und soll in Kürze veröffentlicht werden.

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Bereits vor der Einführung und Nutzung des Cell-Broadcast-Systems weist das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) aber darauf hin, dass die Bevölkerung im Katastrophen­fall durch einen „Warnmittelmix“ alarmiert werden soll – und nicht nur durch das neue System. Bei der Warnungs­übermittlung mit dem Cell-Broadcast-System könnten nämlich weder grafische Elemente, noch Audio- oder Bilddateien übermittelt werden. Die Warn­meldungen über Apps, Fernsehen oder Internet hätten einen umfang­reicheren Informations­gehalt und sollten daher unbedingt zur Ergänzung dienen.

Cell Broadcast: Hat das neue System auch Schwach­stellen?

Die Daten­übertragung einer Warnmeldung über Cell Broadcast wird zwar nicht durch ein erhöhtes Aufkommen an Mobilfunk­gesprächen beeinflusst, funktioniert aber nur, wenn Stromnetz und Mobilfunk­netz störungsfrei funktionieren. Das Endgerät (Smartphone oder Handy) muss ebenfalls über eine ausreichende Strom­versorgung verfügen – ist das Handy aus, geht also auch keine Warnmeldung ein.

Das Cell-Broadcast-System kann zwar durchaus mehr Bürgerinnen und Bürger erreichen, als etwa verschiedene Apps, die nur auf Smartphones funktionieren – ein Handy muss aber dennoch vorhanden sein. Außerdem: Wenn Warnmeldungen nachts oder spätabends auf dem Endgerät eingehen, werden diese aufgrund der Handy­einstellungen unter Umständen nicht von den Betroffenen registriert. Das neue System hat also zwar das Potenzial, mehr Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, als alleiniges Warnsystem wird es aber auch nicht funktionieren – wenn es erst einmal eingeführt ist.

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mit dpa

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